Es ist Ostersamstag. Zwischen Wolken mischen sich Sonnenstrahlen. Lichtblicke. Auch am Haus. Und um das Haus herum. Wir können wieder Blumen in Töpfe, Schüsseln, Kästen pflanzen. Nachdem Herbst- und Winterwinde das Bunte vom vergangenen Jahr zerzaust haben. In Istrien wehen die Winde bisweilen heftig. Krachende Gewitter. Prasselnder Regen. Wir dachten, das Wetter würde hier zaghafter mit uns umgehen. Falsch gedacht. Frühjahr und Sommer sind anhaltend schön, es wird heiß. Und trocken. Das hat die Region dem Norden Deutschlands voraus. In den anderen Jahreszeiten ist es allerdings ungemütlich.




Allmählich kommt wieder Leben in die Gassen des Örtchens. Bale wird mit dem Frühjahr neue Lebendigkeit eingehaucht. Restaurants öffnen. Putzen ihre Terrassen zurecht. Stühle und Tische werden nach draußen geschleppt. Arbeiten an alten Häusern, die im Winter ruhten, werden wieder aufgenommen. Kranarme schweben über Ruinen. Menschen, die sie erworben haben, versuchen von innen heraus den Steinen draußen Stabilität zu geben. Wände und Treppen werden eingezogen. Fenster gemauert. Es muss schnell gehen.
Der Bürgermeister, der seit 18 Jahren Bale regiert, ist ehrgeizig. Will aus Bale eine Hotelstadt machen. Was nicht heißt, dass hier wirkliche Hotels hochgezogen würden. Das würde das Bild zerschandeln. Die Idee ist vielmehr, private Kleininvestoren in den Ort zu locken, die Häuser kaufen, sie gegebenenfalls herrrichten, im Sommer vermieten. Touristen gibt es genug. Solche, die keinen Platz in Küstenorten wie Rovinj finden. Oder solche, die nicht in den Wahnsinnstrubel der Städte direkt am Wasser geraten wollen.



Also brachte der Bürgermeister im Herbst die Bagger in Gang. Dabei ging es nicht nur drum, die Gassen und Sträßlein schöner zu machen. Auch eine moderne Kanalisation muss(te) her. Denn nach wie vor fand der Schlamassel der Bewohner und Touristen seinen Weg in Sickergruben. Bale ist uralt. Hat einen traumhaften Altstadtkern. Aber auch die prächtigsten Träume wollen erhalten und modern unterfüttert werden. Zumal, wenn die anspruchsvolle Idee von der Hotelstadt nicht mit dem Schlamassel untergehen soll.
Dass jetzt die Zeit knapp wird, alles herzurichten, ist klar. Wo schon die ersten Feriengäste zum Fotoshooting anrücken. Sich manche vergewissern wollen, ob wahr ist, was in Reiseführern steht. Dass Bale eine Perle Istriens ist. Die Gemeinde drückt jetzt aufs Tempo. Das ist überall zu sehen. Und zu hören. Bagger rattern schon morgens die Fenster entlang, setzen dem Schlaf früh ein Ende. Alte Steine, die rausgerissen worden waren, werden geschliffen und neu eingesetzt. Ein Job, der Geschick und eine Menge Kraft verlangt.



Beides ist in Bale reichlich vorhanden. Allerdings ist die Stadt auf Felsen gebaut. Und alles, was in die Tiefe geht, braucht übermäßigen Einsatz. Dass sich dieser Einsatz auszahlt, lässt sich an den Gesichtern derer ablesen, die in den Frühlings- und Sommermonaten bisweilen in Scharen anrücken. Allenthalben Verzückung. Der Ausflug oder ein paar Tage Aufenthalt, wie es beliebt. Wer nicht das große Bohei erwartet, wird belohnt. Von Aus-und Einsichten. Dass ein paar Stunden in Schönheit mehr wert sind als Urlaubsrummel.




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