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Geniale Junge Talente

Es gibt Talente, vor denen möchte ich niederknien.
Leonardo Rojnić ist solch ein Talent.

Der junge Akkordeonist kommt aus Barban. Einem kleinen Ort in Zentral-Istrien. Zum ersten Mal gesehen und gehört habe ich ihn in Pula. In der Sveta Srca. Einem Kloster, einer Kirche. Nur einen Steinwurf weit weg von der engen Fußgängermeile, die durch die Altstadt führt. Ein paar Treppen hinauf. Durch ein kleines Tor. In einen weitläufigen weißen Saal. Hier packte, eines Abends, Leonardo Rojnić sein Akkordeon aus. Der junge Musiker mit den langen lockigen Haaren studiert in Helsinki. An der Sibelius Academy. Er kehrt immer wieder dorthin zurück, wo er mit seinem Instrument groß geworden ist. Dabei ist er keine 20 Jahre alt.

Leonardo Rojnic hat seine Wurzeln dort, wo viele kroatische Musiker ihre Wurzeln haben: In der traditionellen Musik. Und er suchte und sucht seinen Weg, wie andere auch, zur Klassik. Er mag es ernst, anspruchsvoll. Und gleitet dabei leicht mit seinen Fingern über die Knöpfe. Er sagt von sich selbst, mit der Herausforderung auf diesem, für die Klassik eher Ausnahme-Instrument, weiter wachsen zu wollen. Physisch wie psychisch. Wer sich mit diesem Instrument international Reputation verschaffen will, muss gegen Vorbehalte anspielen.

Das gelingt Leonardo Rojnić meisterhaft. Der begnadete Akkordeonist ist Stipendiat der Adris-Stiftung. Das Unternehmen Adris ist im Tourismus, bei Immobilien und als Versicherung aktiv. Und versucht sich zugleich als soziales Bindeglied aufzustellen. Für eine Kultur der Exzellenz, des Wissens und der Solidarität in der kroatischen Gesellschaft, wie es heißt. Das klingt hochtrabend. Und es schwingt viel nationales Pathos mit. Menschen wie Leonardo Rojnić profitieren freilich davon. Und die, die ihn hören, mit ihm.

Das Leben in Finnland, erzählt Leonardo Rojnić der Plattform Istra24, sei kostspielig. Deutlich kostspieliger als in seiner Heimat Kroatien. Da könne er Unterstützung gebrauchen. Einen Großteil der Kosten für sein Studium tragen, wie er sagt, allerdings nach wie vor seine Eltern. Die freilich bereuen es nicht. Leonardo hat bereits eine ganze Reihe international bedeutender Preise gewonnen, spielt mit großen Orchestern wie dem finnischen Radio Symphonie Orchester, engagiert sich in zahlreichen muisikalischen Projekten.

Leonardo Rojnic in Pula

Um so sympathischer ist es, wenn sich Leonardo Rojnić abseits des großen Geschehens in seinem Leben nicht scheut, in Pula auch mal vor kaum 40 Menschen zu spielen. Die voller Respekt sind, wie die 1300 Gäste im großen Saal in Helsinki. Es ist ein Abend, der zeigt, welches kulturelle Potenzial in dieser Halbinsel Istrien steckt. Das haben, als Leonardo Rojnić noch ziemlich klein war, die erkannt, die von einer derartigen Karriere nur träumen. Leonardo Rojnić, so ihr Stolz, zieht stellvertretend für sie seine weltumspannenden Bahnen.

Vor der Sveta Srca herrscht Winterstille. Keine Geräusche draußen. Drinnen spielt sich Leonardo Rojnić hinter einer weißen Wand warm. Ab uns zu ist sein schwarzer Lockenkopf zu sehen. Er wirkt entspannt. Pula ist gewissermaßen sein Wohnzimmer. Sein Kinderzimmer. Und man fragt sich, wie solch ein verspielter Typ ein Akkordeon so virtuos beherrschen kann. Vermutlich, so kommt es einem in den Sinn, liegt das Geheimnis in der auffälligen Freude, mit der dieser Musiker an alles herangeht. Auch an die schwersten Partituren.

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