Ich schneide meinen istrischen Pršut noch per Hand auf. Solange das so ist, bin ich beruhigt. Denn die digitale Transformation von der allenthalben hybrisartig die Rede ist, hat unsere heimische Esskultur bislang nur minimal gestreift. Und was der quasi Kollege Gregor Peter Schmitz, seines Zeichens Lenker von stern, Geo & Capital, dieser Tage aus Selbsterhaltungstrieb faselt, ist auch schon mehr oder weniger das Totenglöckchen am Schweif der untergehenden Gruner&Jahr-Geschöpfe. Wahnsinnig anstregend nennt er das, was er da im Auftrag des neuen Mutterschiffes RTL im Auge hat. Als anstrengend empfinde ich vor allem die Einfältigkeit der Begriffe und Denkanstöße, mit der Leute wie Schmitz zuhauf unterwegs sind.
Denn neu und sagenhaft ist die digitale Transformation nicht. Andere sind da Schmitz schon weit voraus. Springerchef Döpfner etwa, der Print ganz absehbar einstampfen will und sich selbst bereits auch digital transformiert. Auf dass er ewig erhalten bleibt. Und auch der Rewe-Konzern, der der einkaufenden Menschheit künftig den Blättermüll im Briefkasten ersparen will. Was der stern-Barde, der aus dem Augsburg der Fugger geflohen ist, irgendwie mittelalterlich, nicht begriffen hat: Wenn stern&Co so richtig anstrengend digital transformiert worden ist, hat sein digital berauschter Dienstherr RTL vermutlich schon anderes im Sinn, das er noch vornehm zurückhält. Die digitale Transformation ins mediale Abseits nämlich.
Wer in seinen shows aufs Altertum zurückgreift, wird bei der Digitalisierung für die nachwachsende Welt ziemlich sicher ins Gras beißen. Denn alle Digitalisierung hilft nicht, wenn die Köpfe nicht entsprechend gewievt heißlaufen. Und danach sieht es derzeit weder bei Schmitz noch bei RTL aus. Und auch anderswo nicht. Wer, so ist aus dem Lager der Öffentlich-Rechtlichen dieser Tage zu hören, beherzt auf Perspektivsuche ist, dabei vorneweg an einer Reform nicht untergehender Quasselrunden im TV arbeitet, von Meinungsvielfalt spricht, flankiert seit eh und je allerdings von immer den gleichen totlangweiligen Polit- und anderen Köpfen, der plant munter wie selbstgewiss an der Zukunft vorbei.
Wirklich überzeugende, inhaltlich intelligente Weitsicht: Fehlanzeige. Von einer Priorisierung nicht nur verständlicher, sondern auch von Verstand gelenkter Reformen: Keine Spur weit und breit. Es fällt auf, dass denen, die vorneweg marschieren wollen, im Grunde nichts einfällt. Insofern ist das Paraphrasieren der digitalen Transformation nichts, was einen aufrütteln könnte. Egal, aus welchem Munde es kommt. Es fehlt an echten Ideen hinter den Phrasen. An Ideen, die die Welt wirklich erklären, interpretieren und klug gestalten helfen. Anstatt sie sich selbst respektive denen zu überlassen, die ihr im Grunde nichts Erstrebenswertes abgewinnen wollen. Sieht man von Macht, Geld und billiger Zerstreuung ab.
Man bekommt also eher Angst, wenn Menschen wie Schmitz, von digitaler Transformation reden. Und wenn es das brennende Auto der Ex-Gruner&Jahr-Chefin in die digitalen News der Medien-Branche schafft. Ich träume davon, dass die digitale Transformation irgendwann irgendwie implodiert. Weil der Druck drinnen dem sich wundersam wiederherstellenden Druck der Vernunft draußen nicht (mehr) standhält. Ehedem machten sich Autoren quasi warnend über schöne neue Welten Luft. Jetzt haben wir schöne neuen Welten. Und mir ist nach Autoren, die die Fantasie, Alles möge nicht geschehen oder wieder rückgängig zu machen sein, zu Papier (sic!) bringen. Derweil schneide ich meinen Pršut unentwegt per Hand auf.

Hinterlasse einen Kommentar