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Industrial Biennial Istria

Bisweilen drohen interessante Dinge an Einem vorbeizugehen. Oder besser: Man geht an ihnen vorbei. Beinahe wäre es uns mit der IndustrialArt Biennial in Istrien so gegangen. Auf den letzten Drücker haben wir die Melange aus Industrie und Kunst, Historie und Politik, Kultur und sozialer Entwicklung entdeckt. Gottseidank. Denn was wir gefunden haben, war mehr als sehenswert. Beeindruckend. Hauptorte in diesem Jahr: Labin. Und Raša. Der kleine Ort, von Mussolini erbaut. Bergbaustadt. Bergarbeiterstadt. Die faschistische Architektur hat Spuren hinterlassen. Manche werden von neuem, unverdächtigem Leben überlagert. Häuser neu getüncht. Grüne Gärten. Manche sind noch sichtbar. Vieles ruiniert.

Die Werkshalle, von der aus einst die Arbeiter quasi auf Geheiß Mussolinis in den Berg einfuhren. Ein Trümmerhaufen. Das Kino von Raša. Mit neuem Dach. Zu Titos Zeiten Parteizentrale. Zur Biennale Tafeln über die aufrührende Geschichte des Ortes. Ein Video. Alte, bewegte Bilder. Animierte Zeichentrickfiguren erkunden, was war und ist. Zum Leben erweckte Graphic Novel. Die Kirche. Deren Schiff an eine umgedrehte Lore erinnert. Darin ein Bild aus Keramikmosaiken. Clare Goodwin, Ceramik Whispers, der Titel. Die Farben entliehen aus Picassos Guernika. Der geschichtspolitische Kontext gewollt. Die Hocker. Reminiszenz an den Ulmer Hocker des Schweizer Künstlers, Architekten und Designers Max Bill.

Es war die 4. Biennale. Die, wie es heißt, den eingeschlagenen Weg fortsetzen und erneut den Schwerpunkt auf zeitgenössische Kunst und sozial engagierte neue Kunstpraktiken mit einem multiperspektivischen, interdisziplinären Ansatz legen wollte. Dabei gehe es auch darum, den Bogen zu Solidarität in Krisenzeiten zu schlagen. Und über die Kunst den radikalen Wandel der Gesellschaft zu verstehen. Auch hier, in Istrien. Einer wunderschönen und reichen Region, mit ihren sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Herausforderungen. (Katalog Landscapes of Desire, von Paolo Bianchi & Christoph Doswald) Die Biennale umfasste neben Labin und Raša auch die Hafenstädte Pula und Rijeka. Nicht von ungefähr. Auch ist überall die Klammer zwischen Kultur und Industrie sichtbar. Drängt sich gerade zu auf.

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