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Poor Old Mostar

Alle kommen. Von der Küste. Auf einen Abstecher. Nach Mostar. Zur Brücke. Ein Symbol des Krieges. Der Feindschaften. Westseite, Ostseite. Anfangs ein Konflikt zwischen dem kroatisch-bosniakischen Lager und Serben. Kurz darauf zwischen Kroaten und Bosniaken. Also Erzkatholiken und Muslimen. Kroaten zerstörten im Krieg die Brücke. Das Wahrzeichen der Stadt. Sie wurde wieder aufgebaut. Die Feindschaften, zumindest starke Ressentiments blieben. Die Geschichte insgesamt ist verzwackter.

Bis heute dauert der Zustand der Teilung an. Auch wenn versucht wurde, die Stadt formell als Einheit zu organisieren. Manche haben sich seit dem Krieg nicht von der einen auf die andere Seite gewagt. Oder wollten es nicht. Denen, die hierher kommen – Touristen – scheint das egal zu sein. Sie drängeln sich durch die Altsadt-Gassen. Gesäumt von einem Meer aus Souvenir-Buden. Die verstellen die Sicht auf Mostar. Blicke über die Neretva auf die Brücke sind meist nur aus Cafés und Restaurants zu ergattern.

Konflikte machen traurig. Aber die Tragik, Geschichte mit Firlefanz zu dekorieren, macht fast noch trauriger. Man hat nicht den Eindruck, als würden sich die Besucher der Stadt sonderlich für das interessieren, was an Historie in den Steinen verborgen ist. Krieg halt. Sollen sich doch Kroaten und Muslime für ewig den Garaus machen. Alte Urteile und Vorurteile pflegen. Insbesondere die Kroaten sind, anders als man es glauben mag, Meister:innen darin. Das ist bestenfalls schade. Oder unverbesserlich argwöhnisch.

Vielleicht war es auch der Regen, der am Tag meines Mostar-Besuchs meine Stimmung getrübt hat. Das Pflaster durch die Altstadt war glatt. Touristen übernahmen gewissermaßen die Schirm-Herrschaft über die Stadt. Mir jedenfalls kam es so vor, als würde man an einem Versprechen neuen Lebens in Mostar nicht sonderlich interessiert sein. Eher am Geschäft mit Menschen, die mehr geschichtsvergessen als geschichtsversessen sind. Vielleicht ist das ja auch eine Art mit den Spuren des Krieges umzugehen.

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