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Feiner Herr Selensky

In wenigen Tagen will die Europäische Union darüber entscheiden, ob sie mit der Ukraine Beitrittsgespräche aufnimmt. Präsident Selenskyi hat sich für den Termin ein besonders überzeugendes Schmankerl internationaler Verbundenheit ausgedacht: Seinen Besuch in Argentinien. Zur Amtseinführung des lupenrein demokratischen neuen Staatsmanns Javier Milei. Mit dabei ganz und gar rechtsstaatstreue Herrschaften. Wie Ungarns Ministerpräsident Orban, der brasilianische Ex-Staatschef Bolsonaro, den Orban einen guten Freund nennt. Und der Chef der rechtsextremen Vox-Partei in Spanien, Santiago Abascal.

Vielleicht hat sich Selenskyi ja auch nur ein bisschen blenden lassen von dem Namen des Milei’schen Wahlbündnisses: Die Freiheit schreitet voran. Nach dem Motto, wo Freiheit draufsteht, ist, auch wenn nicht, Freiheit drin. Oder sehr eilig in Gedanken versunken, was man so tun könnte, um in Brüssel letzte Zweifel für Satifikation zu beseitigen, das falsche Flugzeug bestiegen. Vielleicht wollte er eigentlich nach Brasilien, zu Lula da Silva, der der Feier in Buenos Aires fern blieb. Möglicherweise dachte Selenskyi, wenn man in Lateinamerika um Verbündete wirbt, fängt man am Besten ganz vorne im Alphabet an.

Ganz vorne, also bei A wie Anarchokapitalist, wie manche Melei etikettieren. Mit der Geografie nicht völlig vertraut, hatte Selenskyi offenbar zugleich übersehen, dass die USA ja nicht fürchterlich weit weg von Argentinien liegen. Weswegen er sich nicht bei Präsident Biden einlud, sondern von Biden eingeladen werden musste, um mal ganz unverbindlich zu schauen, was noch so geht in der ukrainischen Heimat. In der immer mehr Frauen Tränen darüber vergießen, dass der Krieg immer ziel- und damit immer sinnloser zu werden scheint. Und sie darob ihre Söhne und Ehemänner vielleicht nie wiedersehen werden.

Aber Selenskyi, der seinen Spaß hat, Militärführer zu feuern, wenn sie sich und ihm maximal ein Patt gegen Russland zutrauen, mag dieses Gejammer nicht. Er mag Haudegen, die, wenn alle Stricke zu reißen drohen, auf Schocktherapie setzen. Er findet Typen super, die in der Lage sind, so etwas wie Autokratie (oder im Falle Argentiniens Diktatur) herunterzuspielen, wenn es um größere Dinge geht. Das ist die Unterstützung, die nötig ist. Die Militärhilfen europäischer Weicheier, na gut. Aber was sind Macron, Scholz, Biden gegen Lateinamerikaner, die, wenn’s sein muss, auch mal Demokratie und Rechtsstaat fünfe gerade sein lassen.

Wenn jetzt, in dieser Woche, die Europäer um den Tisch sitzen, dann müssen sie mal raus aus ihrer Zaghaftigkeit. Entweder die Ukraine wird, flankiert von Beitrittsgesprächen, mal wirklich und so richtig kampfkräftig aufgerüstet. So dass der Kreml, sagen wir mal bis zu den Heiligen Drei Königen, in die Knie geht. Oder dieses hin und her zwischen Russland und der Ukraine geht solange, bis auch das letzte ukrainische Dorf in Schutt und Asche gelegt ist. Dann muss die EU ihrem irgendwann beigetreteten Mitglied mit Hochstand in Kiew eben unendlich viele Milliarden Wiederaufbauhilfe rüberrücken.

Insofern kann sich Selenskyi im Grunde beruhigt zurücklehnen. Bis auf die paar Helme, die seinen Soldaten um die Ohren fliegen, den falschen Propheten und Miesmachern in den eigenen Reihen und den Heulsusen in Kleidern und Röcken, die den Krieg allmählich satt haben, hat er nichts zu befürchten. Von wegen Präsidentenwahlen. Wäre ja noch schöner, wenn Selenskyi, mitten im heroischen Kampf um Alles oder Nichts, die Luft rausgelassen würde. Noch nie was von Durchhaltemanövern gehört? Das sind die Manöver, die alles wollen, aber am Ende nichts bringen. Aber was schert das einen wahren Helden!

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