Es gibt politische Lichtblicke. In diesem Fall: Gott sei dank. Denn Hunderte Flüchtlingsbeauftragte der evangelischen und katholischen Kirche erheben schwere Vorwürfe gegen den Migrationskurs, den die CDU einschlägt. Die so genannte Drittstaatenregelung, die die Union anstrebt, widerstrebe allen christlichen Werten. Weil sie den individuellen Zugang zum Flüchtlingsschutz in Europa abschaffen will. Gott begegnet uns in den Schutzbedürftigen dieser Welt, so der Berliner Bischof Christian Stäblein und der Hamburger Erzbischof Stefan Heße. Deshalb verbiete es sich, ihre Rechte preiszugeben.
Was die Union im Sinn hat, ist nichts weiter, als Europa stärker gegen Flüchtlinge abzuschotten. Wer Asyl beantragen will, soll dies demnach in einem außereuropäischen Staat tun. Oder aus Europa dorthin überführt werden. Bei positivem Verfahrensausgang soll dann der Drittstaat (mit dem eine entsprechende Vereinbarung getroffen würde) Schutz gewähren. Dass dennoch Flüchtlinge gemäß Kontingenten nach Europa dürfen, ist Kosmetik. Das Ganze lehnt sich an das Ruanda-Modell der britischen Regierung an. Das auch eher mit dem Teufel, als mit dem lieben Gott abgesprochen sein dürfte.
Selten haben sich die beiden großen christlichen Kirchen derart unmissverständlich an die Partei gewandt, die den christlichen Anspruch in ihrem Namen trägt. Ihn aber aus Sicht der Kritiker in der Migrationspolitik mit Füßen tritt. Gegen elementare Pfeiler des Menschen- und Völkerrechts, das ein individuelles Aslyrecht impliziert. Das sei umso verwerflicher, als dass heute schon die meisten der Millionen Flüchtlinge in der Welt abseits Europas Aufnahme fänden. In Staaten, die selbst unter Rechtlosigkeit und Armut litten. Die einzigen, die von dem Kurs profitierten, seien rechte Kräfte.
Nur 650 Kilometer Luftlinie von Berlin entfernt, wo die CDU mit ihrem neuem Grundsatzprogramm die Pflöcke für ihre Flüchtlingspolitik eingeschlagen hat, sorgt EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen dafür, dass schon mal die Zelte aufgeschlagen werden. Abkommen mit Ägypten, Tunesien, Mauretanien soll ein Milliarden-Abkommen mit dem Libanon folgen. Dort sollen etwa angeblich meist illegal migrierende Syrer gestoppt werden. In einem Land, das für wen auch immer alles andere als sicher ist. Das Geschäft könnte hinterhältiger und schmutziger nicht sein, das die EU-Zentrale da schamlos betreibt.
Christdemokraten aller Flügel wehren sich immer wieder gegen den Verdacht des Populismus, vor allem des rechten Populismus im Gewand der AfD. In der Flüchtlingspolitik wirkt der Kurs freilich wie bei Weidel, Höcke&Co abgepinnt. Wer grundlegende Rechte der Menschen in der Welt derart aushebeln will, schöpft nicht Wasser bei den Rechten ab, sondern lenkt das Wasser direkt auf die Mühlen derer, die Deutschland am liebsten ausländerfrei machen würden. Aus dem vordergründigen Kalkül, so die Rechten zu schwächen, wird, sich mit ihnen gemein zu machen. Und das rechte Lager zu vergrößern.
Dass das Ganze fein säuberlich im Grundsatzprogramm steht, bedeutet, dass das Völkerrecht nicht nur mal eben so, wie im Affekt, sondern bewusst gebeugt wird. Auf längere Sicht. Denn Grundsatzprogramme sind dazu da, ihre politische Wirkung nachhaltig zu entfalten. Und wenn die Christdemokraten, denen ihre christliche Attitüde, die sie vor sich hertragen, im Halse stecken bleiben müsste, Regierungsverantwortung trügen, auch zum offiziellen Push-back-Kurs Deutschlands würde. Dass EU-Chefin von der Leyen da nochmal um eine weitere Amtszeit buhlt, auch bei Rechts-konservativen, passt.
Und würde, so, wie sich die politischen Kräfteverhältnisse in der Mitgliedsländern entwickeln, vermutlich ohne größeren Widerstand über die Bühne gehen. Denn in Sachen Aushöhlung des Völkerrechts gehen ja schon andere Staaten der Gemeinschaft munter voran. Und würden, statt wie derzeit bisweilen noch für Fragwürdigkeiten in Sachen Rechtsstaatlichkeit gerügt zu werden, geradezu Rückenwind von einer christdemokratisch geführten Bundesregierung bekommen. Wer Wind sät, wird Sturm ernten, heißt es. Es ist zweifelhaft, dass das die CDU auch nur ansatzweise beeindruckt.
Unsere Politik beruht auf der Verantwortung vor Gott und den Menschen. Wir sehen immer zuerst den einzelnen Menschen mit seiner unantastbaren Würde. So steht es im christdemokratischen Grundsatzprogramm. Das muss den kirchlichen Mahnern gegen den CDU-Migrationskurs wie ein Hohn vorkommen. Davon abhalten konnten sie mit ihren Worten zum Parteitag die dort Versammelten nicht. Derweil werden die, die sich noch einigermaßen erhobenen Hauptes liberal nennen dürfen, von Rechten auf der Straße verprügelt. So sieht das gerade in unserem Land der Menschenwürde aus.

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