Ansteckender Enthusiasmus für die Idee der Freiheit. Unter dieser Überschrift hat die FAZ dieser Tage die Laudatio abgedruckt, die der Vorsitzende der Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft, Stefan Kooths, auf den argentinischen Präsidenten Javier Milei gehalten hat. Anlass war die Verleihung der Hayek-Medaille an das Staatsoberhaupt, das, vornehm formuliert, eine besonders darwinistische Form des Neoliberalismus in seinem Land zur Maxime erklärt hat. Also in etwa das, was auch die rechts-konservative Hayek-Gesellschaft für erstrebenswert hält.
Warum die FAZ diese Laudatio in Gänze und gänzlich unkommentiert abgedruckt hat, lässt sich, ohne dass dies weit hergeholt werden muss, mit ihrer Wirtschaftstopfrau erklären. Heike Göbel ist Mitglied der umstrittenen Hayek-Gesellschaft. Und als Führungskraft der FAZ einflussreich. Das medium magazin und das Fachblatt Wirtschaftsjournalist:in hat sie in diesem Jahr als wirtschaftsliberale Stimme ausgezeichnet, für ihr unermüdliches Bürsten gegen den (Regierungs)-Strich, und dieses Bürsten als besonders markant empfunden und gelobt.
Es passt da also Alles zusammen. Der Hayek-Medaillen-Träger Milei, die Hayek-Gesellschaft, Heike Göbel und die FAZ. Dass der Hayek-Gesellschaft ein deutlicher Rechtsdrall und Nähe zur AfD vorgeworfen wird, hat bei der FAZ offenbar nicht das leiseste Gefühl geweckt, hier einem Denken Vorschub zu leisten, das unter dem Etikett des Liberalismus einem fragwürdigen politischen Wildwuchs freie Bahn schaffen möchte. Mit Milei haben ja nicht nur argentinische Oppositionelle ihre Schwiergkeitem, sondern selbst wackeligste Demokratien.
Gründe, auch mit der Hayek-Gesellschaft Probleme zu haben, gibt es reichlich. Nicht umsonst haben Prominente wie FDP-Chef Christian Lindner und Ex-Industrie-Boss Hans-Olaf Henkel, ihres Zeichens Liberale, ehemals Mitglieder der Hayek-Gesellschaft, das Weite gesucht. Ebenso der Wirtschaftsexperte Michael Hüther und andere bekanntere Persönlichkeiten. Ihnen war es zu Recht nicht geheuer, dass plötzlich AfD-Prominenz wie Alice Weidel und Beatrix von Storch dort auftauchten, nebst anderen rechtslastigen Polit-Protagonisten.
Wer einen Blick auf die Medaillen-Träger vor dem von Anhängern als enfant terrible des Liberalismus gefeierten Javier Milei wirft, wird schnell gewahr, welch Geistes Kind die Hayek-Gesellschaft schon lange oder schon immer ist und war. Unter anderen Roland Tichy, der auf dem achsedesguten-Portal sein publizistisches Unwesen treibt. Oder Mario Vargas Llosa, einst umjubelter Literat, der sich vom kritischen Begleiter linksliberalen Fortschritts zum Bewunderer des ultra-rechten brasilianischen Ex-Präsidenten Bolsonaro gewandelt hat.
Es wirkte wie Kosmetik, dass zeitweise ein Graben zwischen der Hayek-Gesellschaft und AfD-Vertretern zu klaffen schien. Alice Weidel trat 2021 aus. Beatrix von Storch freilich und der Vorsitzende der rechtskonservativen Werteunion, Hans-Georg Maaßen, jubelten jetzt, so dpa, dem Geehrten Milei zu. Sprechchöre wie Libertad, Freiheit, seien bei der Preisverleihung mit rund 200 Gästen, zu hören gewesen. Bei dem Publikum kann man sich ohne Weiteres ausmalen, wie das mit der ausgerufenen Freiheit im Zweifel zu verstehen sein dürfte.
Dass die FAZ dem unkommentierten, von keiner kritischen Stimme unmittelbar flankierten Wortlaut der Hayek-Gesellschaft-Laudatio, Milei und seiner Denk-Entourage Platz freigeräumt hat, ist mehr als ein Ärgernis. Es ist mediale Verachtung für alle, die sich bemühen, dem Rechtsdrall in Europa einen Riegel vorzuschieben. Die FAZ macht sich zum Helfer liberal-gezeichneten Etikettenschwindels. Derart distanzlos entpuppt sie sich als Unterstützer derer, die unter Liberalismus das Recht des Stärkeren verstehen.

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