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Theater Am Rand

Ich gestehe: Bis vor wenigen Jahren war mir der Dienstgabend heilig. Niemand durfte mich stören. Nicht klingeln. Nicht anrufen. Oder Ähnliches. Denn jeden Dienstag abend, Sommerpausen ausgenommen, läuft in der ARD die Serie „In aller Freundschaft“. Und bei aller Freundschaft ließ ich es mir von niemandem nehmen, dieser Serie mit Haut und Haaren die Treue zu halten. Ich war, wenn man so will, „rühmantisiert“. Was eigentlich schon alles sagt. Mein Hauptdarsteller nämlich hieß (und heißt noch) Thomas Rühmann, mit Heinz R. in keiner Weise verwandt.

Auch wenn meine Liebe zu der Serie, ich sage mal: etwas abgekühlt ist. Blieb und bleibe ich diesem Thomas Rühmann bis heute treu. Die Treue wechselte allerdings von Leipzig in das kleine Örtchen Zollbrücke in der Oderaue. Dort, wo man quasi über den Fluss hinweg nach Polen spucken kann, hat dieser Mensch ein Theater gegründet. Das Theater am Rand. Ein Ort aufrechter Kultur. Geschaffen von einem, der der Provinz mit Leib und Seele zur Seite steht. Mit einem höchst anspruchsvollen Programm. Mal Theater, mal Literatur, mal Musik…

Natürlich geht es, wer immer auch die Bühne betritt, am Ende nicht ohne diesen Thomas Rühmann. Er ist der wunderbare Lockvogel. Der Hunderte zu dieser Häuseransammlung, die in der Tat am Rande liegt, am Rande Ostdeutschlands, zieht. Thomas Rühmann ist wunderbar, weil er dem Dr. Heilmann aus der Serien nicht nur äußerlich ähnlich sieht. Sondern auch, weil er im richtigen Leben entspannt daherkommt, wie in der spielwörtlichen Sachsenklinik. Ein Zeitgenosse, dem man ohne weiteres sein linkes Herz schenken möchte.

Und das sollte, wie seines und nahezu jedes, nicht nur links im Oberkörper seinen Platz haben, sondern auch im politischen Sinne links sitzen. Thomas Rühmann macht kein Hehl daraus, dass für ihn solche wie die, die zur Landtagswahl als AfD-Protagonisten plakatiert sind, untragbar, ja unerträglich sind. So hat er am Rande Brandenburgs nicht nur ein Theater geschaffen, sondern auch ein kleines Bollwerk gegen rechte Umtriebe. Eines, das auf seine offen humanistische Weise stets Freiheiten, Demokratie und Menschlichkeit mit ins Rampenlicht setzt.

Zollbrücke. Das sind ein paar traumhafte Fachwerkhäuser. Ein etwas schickeres und ein urig hausmannsköstliches Restaurant. Ein Wall und eine kilometerlange Wiese entlang der Oder. Ein paar Stände mit Gemüse und Obst aus regionalem Anbau. Ein Ziegenhof mit allerlei von diesen Tieren. Bisweilen ein Flohmarkt. Sorry, wenn ich etwas vergesse. Und eben dieses Theater. Dieses Theater im Nichts, wenn man so will. Aus dem Nichts geboren. Und mittlerweile mit einem Ruf, weit über die nähere Umgebung hinaus. Mit Weltruf, könnte man übertreiben.

Natürlich ist die Bedeutung dieses grandiosen Fleckens Kultur Thomas Rühmann zu verdanken. Und weiter gedacht, auch der ARD-Serie In aller Freundschaft. So kann man von schmonzettenhaften TV-Serien halten was man will. Und seinen Hang zu einmal in der Woche mehr oder weniger trivialer Fernsehunterhaltung schamvoll verstecken. Wenn alles auch dazu dient, das Theater am Rand für immer und ewig vom Rand weiter in die Mitte zu rücken, dann ist das verdienstvolle Bühnenreife. Und die verdient jede, aber auch jede Unterstützung.

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