Nun, so ist das mit angriffslustigen Schnellschüssen. Man wähnt sich auf der richtigen Seite. Auf der Seite, auf der gerade alle Medien unterwegs sind. Die Bundeskanzler Olaf Scholz nicht nur für langweilig, mundfaul und darob ungeeignet für die kriegs- und krisenhafte Gegenwart halten. Und ihn politisch auf dem gänzlich falschen Pfad wähnen. Man baldowert entsprechend kluge und provokante Fragen aus. Lächelt süffisant, wenn man zu punkten glaubt. Und dann muss man, nur wenig später, gewahr werden, dass man mit seinem Talk-Fracking nicht wirklich tief gebohrt hat.
So jedenfalls könnte es Caren Miosga gehen. Die das freilich nicht zugeben wird. Ihre ganze Mühe, Scholz des scholzens zu überführen und ihn als Ampel-Buhmann zu entlarven, war alles andere als treffsicher. Ein bisschen hat sie, wie nicht wenige, die Farbe seines ohnehin nicht glänzenden Images abkratzen wollen. Und bisweilen hatte man den Eindruck, es gelänge, ihm wesentliche Schuld am Koalitions-Crash zuzutalken. Und die Entlassung des FDP-Finanzministers Christian Lindner als abgekarteten Scholz-Makel zu inszenieren. Und dann diese neuen Recherchen!
Die, liegen Zeit und Süddeutsche Zeitung richtig, das besagen: Dass nämlich die FDP schon länger vor der Sitzung des Koalitionsausschusses am 6. November alles liberale Hirnschmalz darauf verwendet hat(te), die Ampel auszuschalten. Und alles darauf setzte, sich so zu positionieren, dass nur eines in Frage kam. Der Rausschmiss Lindners aus seinem Ministeramt. Um dann scheinheilig Empörung über derartige Kompromisslosigkeit kundzutun. In der Hoffnung, was darauf folge, könnte der abschmierenden FDP Punkte bringen. Bei darob notwendig werdenden Neuwahlen.
Wenn man das intrigante Wesen des FDP-Chefs kennen und ernstnehmen würde, hätte man ahnen können, dass etwas am liberalen Theater faul ist. Und sich die Geschichte nicht so scholzend lesen lässt, wie sie landauf, landab geschrieben stand (und steht). Und dass es nicht lange dauern würde, bis das Wunsch-Drehbuch, auch von Moderatorinnen und Moderatoren, umgetextet werden müsste. Nun sollte das Erwachen müder Redaktionen im Nachhinein kommen. Wenn man denn, Aufrichtigkeiten von Politikern einfordernd, eigene Aufrichtigkeit zeigen würde.
Aber das Erwachen wird nicht kommen. Denn schon lauern an allen Ecken und Enden des Neuwahlkampfes neue Volten, auf die die Talkshow-Redaktionen scharf sind – und reinfallen. Die Halbwertzeiten politisch verlogener Kalküle sind zwar gefühlt kürzer als Sendungen lang. Das freilich ficht die Talk-Formate nicht an. Sie arbeiten mit dem Momentum. Dem, in dem es noch so scheint, als seien Kolportagen gold wert. Als ließen sich Fallen daraus stellen. Und knallharte Nachrichten-Coups. Doch schwups, haben auch die eine Halbwertzeit, und weg sind sie!
Wenn der Wahltag da ist, entscheiden die Wähler. In einem Artikel der FAZ wird dem Geifern derer, die nach der Scholz’schen Zeitenwende die sichere Zeitenwende eines Unionskanzlerkandidaten Friedrich Merz sehen (wollen), zumindest ein bisschen der Schwung genommen. Dort lässt ein Autor offen durchblicken, wie gerade Kalküle und Lügengeschichten samt ihren Vervielfältiger:innen Vorsehungen auf den Kopf stellen können. Da könnten noch etliche Talk-Strategien munter nach hinten losgehen. Vor allem die, bei denen trügerischer Wunsch Vater der Redaktionen ist.

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