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DaCapo Springer Musk

Es ist schon auffallend, wie sehr in der Berichterstattung deutscher Medien über den jüngsten Gastbeitrag von Elon Musk in der Welt, der sich zu einer, ja man kann sagen: Affäre ausgewachsen hat, das mediale Dilemma ausgebreitet wird. Inklusive Protesten in der Redaktion, einer Gegenrede und einer Kündigung. Und wie wenig bis gar nicht der Namen von Springer-Chef Mathias Döpfner fällt.
Als würde es eine Art Nichtangriffspakt unter Verlagsgranden geben.
Dabei ist Döpfners Duz-Freundschaft mit Musk bekannt.
Der Konzernchef Döpfner gehöre zum erweiterten Bekanntenkreis von Musk, textete dieser Tage einigermaßen zaghaft die Süddeutsche Zeitung.
Erweiterter Bekanntenkreis, so kann man es natürlich auch nennen, wenn zwei sich gefunden haben. Und die Affäre damit irgendwie runterkochen.

Vielleicht mag man sich ja aber auch an den 1. Dezember 2020 erinnern.
Als Elon Musk im Ernst-Cramer-Konferenzraum des Berliner Axel-Springer-Gebäudes den Axel Springer Award entgegennehmen durfte.
An Evening for Elon Musk – a Mission to Mars, so das Motto der Feier.
Und Döpfner den Geehrten mit den Worten in der Tat nicht nur in den Himmel, sondern bis hinein ins Weltall lobte: Ihn treibt das Ziel an, das Leben für die Menschheit besser zu machen.
Solche Sätze sind bisweilen mehr wert als ein Preisgeld, das es für den Award nicht gibt.
Und das, wenn es eines gäbe, noch nicht mal Spuren in Musks Portokasse hinterlassen würde.
Am 11. Dezember 2020 wurde dann unter elon-musk-interviews.com ein Gespräch Döpfners mit dem US-Vorzeigemilliardär zur Auszeichnung veröffentlicht.
Musk: Das hat Spaß gemacht.
Döpfner: Schön, dass es Ihnen gefallen hat.
Es ging dann noch um allerlei orbitale Fantasien. Und um ein ähnlich sagenumwobenes Ereignis sechs Jahre zuvor. Da wurde Elon Musk das Goldene Lenkrad verliehen. Angesichts seiner Verdienste um die irdische E-Auto-Welt.
Döpfner unternahm an dem Abend 2020 einen im Nachhinein vielsagenden Ausflug.
Er, so Döpfner, habe 2014 die Lenkrad-Gala zusammen mit dem Vorstandsvorsitzenden eines großen deutschen Automobilkonzerns erlebt und den Auto-Ceo gefragt: Ist dieser Typ nicht gefährlich für Sie? Ich meine, das scheint ihm wirklich ernst zu sein.
Das bezog sich damals noch auf die Elektrifizierung des Fahrzeugmarktes. Der Auto-Boss zerstreute Befürchtungen vor einer möglicherweise absehbar bevorstehenden feindlichen Übernahme der deutschen Autobranche.

Heute reichen die Befürchtungen sehr viel weiter.
Unter anderem bis zur Musk‘schen Hofierung der rechtsextremen Alternative für Deutschland. Die Musk nicht nur für eine Alternative hält, sondern für die Kraft, die als einzige Deutschland retten kann. Eine 1A-Übernahmeempfehlung, sollte man meinen.
Der Gastbeitrag in der Welt ist ein Teil des hybriden Wesens, das feindliche Übernahmen zu seinem Credo erhoben hat. Nicht nur der Autoindustrie.
Nicht nur im Glauben, sondern in der durch seine Handlungen erklärten Absicht, allein zu wissen, wo es langzugehen hat. Und zwar nach stramm rechts.
Italien hat davon schon Kostproben bekommen, die Briten, die USA sowieso, und jetzt auch das Land, das Musk-Bewunderer wie FDP-Chef Lindner zu seinen führenden Politikern zählt.
Das alles wusste Döpfner. Und hat dem Mann, dem Freund, Platz geboten im hauseigenen Medium. Nicht trotzdem, sondern gerade weil Musk Musk ist.
Vielleicht passt das ja zum transatlantischen Engagement Döpfners.
Warum der Name Döpfner hingegen vergleichsweise zurückhaltend in der Kritik am Gastbeitrag Musks fällt, bleibt, so möchte man meinen, ein Geheimnis.
Als sei Springer nicht eng mit der Person Döpfner und seinen Verlagsaktivitäten verbunden.

Oder geht es um das politische Lullaby, das andere zur Verharmlosung der Angelegenheit singen? Dass nämlich die Welt schon vor Musk prominenten Agitatoren eine Bühne geboten habe. Solchen, die, wie es heißt, ebenfalls ausgesprochen radikale Meinungen vertreten.
Wagenknecht wird genannt, ihr Mann Lafontaine (BSW), Protagonisten des bis auf Weiteres noch als links geltenden Spektrums. Oder der slowenische Philosoph Slavoi Žižek, der so Rainer Zittelmann auf Focus, für den Kommunismus die Trommel rühre.
Oder Saskia Esken, die im Springer-Medium für ihre parteilichen Ansichten (SPD) Werbung habe machen dürfen.
Will heißen: Wer Linke oder Sozialdemokraten zu Wort kommen lasse, dürfe auch Elon Musk den Teppich ausbreiten.
So oder ähnlich geht die banale Weltsicht eines Focus-Autors.
Die angelehnt ist an die plumpe Hufeisentheorie, wonach links und rechts an den Enden irgendwie zusammenstreben und zusammengehören. Was, wenn man diese Theorie teilt, verständlich machen soll, dass man entweder allen oder niemanden in der Welt oder irgendeinem anderen Medium gewähren lässt.
Also alles paletti – ?

Man kann es, ohne allzu tief in die Kugel schauen zu müssen, schon prophezeien.
Noch ein paar mediale Zuckungen – und die Aufrege ist vorbei. Die über Musk und die Welt. Und die, die es allenfalls ansatzweise ins Bewusstsein der Öffentlichkeit geschafft hat: die über den Springer-Ceo und Hauptanteilsaktiennehmer Döpfner.
Der sich dieser Tage vornehm in Sachen Unterstützung für die AfD zurückhält.
Es gibt nicht wenige, die dem Springer-Ziehkind neben allem knallharten und geistesgegenwärtigen unternehmerischen Kalkül auch etwas Dämonisches zusprechen.
Etwas, das sich, wie bei Musk, scheinbar außerhalb berechenbaren Verstandes bewegt.
Das freilich ließe außen vor, dass sich Kalkül und gruselige Unberechenbarkeit durchaus zu einem politisch explosiven Cocktail vermischen können.
Vielleicht war der Musk-Beitrag in der Welt schon eine Art Probezündung.
Um zu sehen, wieviel AfD sich die mediale Öffentlichkeit so gefallen lässt, bis sie die Sprengkraft derartiger Gastspiele dem zuschreibt, der sie letztendlich zu verantworten hat.
Dabei brauchte es keinen übertriebenen Mut, sondern nur deutliche und eindeutige Worte. Und ausreichende Distanz auch zum eigenen medialen Lager.
Eine Distanz, die zum üblichen Journalistenwerkzeug zählt.
Und es bedürfte einer sehr viel offensiveren Haltung.








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