Mit Neuordnungen der Welt, so möchte man meinen, gewinnen auch neue Diszipline des Umgangs miteinander an Bedeutung. Diffamierung und Denunziation etwa. Ich will ja nicht den Teufel an die Wand malen. Aber irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass sich schon vor dem Machtwechsel in den USA manche in Sitten geübt haben, die nun hoffähig zu werden scheinen.
Im Großen und – so ist zu beobachten – im Kleineren.
Jeweils allerdings mit Folgen, die für Protagonisten absehbar sind. Und, das ist kaum von der Hand zu weisen, einer gewissen Absicht entspringen.
Beim neuen US-Präsidenten Donald Trump und seinem Einflüsterer Elon Musk wird deutlich, dass Rüpelhaftigkeit zum guten Ton gehört.
Wenn es nur eine Rüpelhaftigkeit wäre, die, sagen wir, einer blöden Rempelei im öffentlichen Raum entspricht. Dann könnte man vielleicht ein Auge zudrücken.
Aber es ist eine Rüpelhaftigkeit von weitreichendem, erschreckendem Ausmaß. Weil sie nicht nur zum Stil neuer Artikulation und Politik gehört. Sondern weil sie zu einer politischen Agenda gehört, die darauf angelegt ist, endgültig mit Gepflogenheiten zu brechen, die bislang selbst nur halbwegs gute Geister im Zaum gehalten haben.
Sprich: Die Rüpelhaftigkeit hat tiefgreifende, häufig verheerende politische Konsequenzen. Sie ist durchaus auf Vernichtung angelegt.
Und darauf, dies im Kontext ihrer selbst und Verbündeter als vorbildlich erscheinen zu lassen.
Donald Trump beherrscht Diffamierung und Denunziation im Großen wie kein anderer.
Seine Inaugurationsrede war voll von politisch verheerenden Rüpeleien. Die zum Beispiel darin münden, dass er andere Rüpel wie den zu lebenslanger Haft verurteilten Gründer des online-Händlers Silk Road begnadigt hat.
Ross William Ulbricht (schon der Nachname weckt unheilige Assoziationen) trat für eine maximal rüpelhafte Wirtschaftsfreiheit ein, für die Legalisierung von Drogen und die Abschaffung von Sozialleistungen.
Trump bedankte sich im Zuge der Begnadigung für die Unterstützung dieser libertären Bewegung, die ihm mit zum Wiedereinzug ins Weiße Haus half.
Das ist in Übersee, wo man künftig, so ist zu befürchten, weitere Rüpelhaftigkeiten erleben wird. Also weit weg. Und noch hoffen allerlei Politiker in Europa, dass sich das auf den amerikanischen Kontinent beschränken lässt.
Und man mag glauben, dass es ihnen ernst ist mit der Abwehr solchen Stils, der Rambos der Gesellschaft zu Helden macht.
Im Schatten dieses guten Glaubens freilich wachsen in der Nähe, noch zaghaft zwar, Sitten heran, die ein eigenes Bild von dem entwerfen, dem zunehmend Tür und Tor geöffnet wird.
Ein Chefredakteur schießt derart vulgär gegen den, übersetzt, linksliberale Scheiß um sich, dass er für sein Buch keinen anständigen Verlag findet.
Eine Partei gibt mittels ungeprüfter Anschuldigungen ein Mitglied an eine mobartige Meute frei, die nur drauf wartet, dem erklärten Feind eins überzuziehen.
Anderswo wird versucht, aus einer Melange von Diffamierungen, Denunziationen und vermeintlich faktischen Beobachtungen ein toxisches Gesöff zu brauen, das, erschaffen in Stasi-Manier, von rechtspopulistischen Barkeepern gern als Giftcocktail serviert wird.
So nehmen die Dinge, meist unterbelichtet und unterbewertet, ihren rüpelhaften Lauf.
Was zunächst noch aussieht, als wären es Nebenwirkungen von Medikamenten gegen einen der Aufklärung erwachsenen Anstand – und irgendwie reversibel, dürfte sich zunehmend als der neue Knigge einer ungebremsten Heerschar entpuppen.
Es gibt nicht wenige, die sich abseits für ihre Rüpelhaftigkeit bekannter Banden die Hände ob solcher Entwicklungen reiben.
Man kennt derartige Verhaltensweisen von social-media-Plattformen, sicher. Aber dort haben sich viele hinter dem Vorhang der Anonymität verstecken können.
Jetzt geht der Vorhang für derartige Schmierentheater immer weiter auf.
Namen werden sichtbar – und ein gewisser, teils überbordender Stolz.
In der Hoffnung, wenn man es zu weit treiben sollte, werden Diffamierung und Denunziation im Sande verlaufen; oder man treibt es so weit, dass verheerender Ruhm zum Greifen nah ist, werden die Spielfelder der Rüpelhaftigkeit zunehmend ausgebaut.
Es wird im Zweifel abgetastet, wie weit man die Öffentlichkeit belasten kann.
Mal sehen, wie erheblich man die gesellschaftspolitische Balance, die im Zuge noch erträglicher Auseinandersetzungen herrscht, traktieren und dabei gewinnen kann, so die Devise.
Dahinter scheint sich eine Zuversicht breit zu machen, die darauf setzt, dass das Dehnen der Rüpelhaftigkeit Diffamierung und Denunziation neben anderen fragwürdigen Disziplinen nicht nur hoffähig, sondern eines Tages vielleicht zur Voraussetzung macht, um ernst genommen und anerkannt zu werden.
Kürzlich brachte es jemand in öffentlicher Diskussion auf den Punkt:
Only a bad friend is a good friend.
Welch grandiose Aussichten.

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