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Unser Trump Light

Der Gewinner der Bundestagswahl, Friedrich Merz, ist nach seinen überzogenen und auch wahrheitswidrigen Attacken gegen Alle, die links der CDU stehen, nicht mehr und nicht weniger als ein deutscher Trump light. Wobei das light noch mit einem Fragezeichen versehen werden muss. Was der vermutlich neue Kanzler der Bundesrepublik da jedenfalls am Vorabend der Abstimmung im Münchner Löwenbräukeller von sich gegeben hat, war für Viele, die dazu Stellung genommen haben, mindestens verstörend. Manche gaben sich entsetzt.
Die Zeit der linken Politik sei vorbei, ließ er, noch harmlos, wissen. Mit seiner Beschimpfung linker und grüner Spinner, die nicht mehr geradeaus denken könnten, hat er derweil jegliche Gräben zwischen sich und einem Großteil der Bevölkerung, für die er Politik machen will, weit aufgerissen. Mit dem Vorwurf, Menschen, die gegen rechts demonstrieren, hätten besser auch bei der Ermordung des Kasseler CDU-Regierungspräsidenten Walter Lübcke für die Demokratie auf die Straße gehen sollen, beugte Merz die Realitäten.
Denn es wurde demonstiert! Was soll’s. Politisch richtig ist, was in den Kram passt. Auch Fake-news sollen da nützlich sein.

Hasserfüllt und enthemmt, nannte die Journalistin Annika Brockschmidt, die sich auskennt in rechter US-Demagogie, was auch bei der Beurteilung anderer Demagogen hilft, in den Medien das, was Merz da von sich gab und wie er es tat. Was aus ihrer Sicht darauf hindeutet, dass der künftige Kanzler durchaus nicht abgeneigt ist, am Ende doch irgendwie eine Koalition mit der AfD einzugehen, statt sich in der Mitte Bündnispartner zu suchen – und sie denn auch entsprechend zu behandeln. Zumindest irgendwann, wenn schwarz-rot doch vernichtend unter Reibungsverlusten leidet, mag dieses Szenario nicht mehr ganz aus der Welt zu fallen. Vertrauensbildend war Merz‘ Rede in der erhitzten bayerisch-bierseligen Wahlarena in der Tat nicht. Und man hat ja erlebt, was seine politischen Schwüre gegenüber der AfD, wenn es hart auf hart kommt, wert sind.

Mit Merz, so befürchten Beobachter, die nicht grenzenlos naiv an das Gute glauben, zieht ein Wind in die Republik ein, der eher die eisige und nicht zu dämmende Kälte der neuen US-Nomenklatura spüren lässt, als den Hang zu einer möglichst viele demokratischen Kräfte einschließenden breiten politischen Fundamentierung.
Wenn schon über Emotionen geredet wird: Beim Wahlverlierer Olaf Scholz mag man kritisieren, er sei spröde und ungelenk in politischen Botschaften. Bei Merz ist gelebte Emotionslosgkeit Programm, ihm ist das Vermittelnde ein Graus. Das ist nicht ungelenk, das ist bewusst kaltherzig. Das ist unverhohlener Trump-Style. Auch wenn Merz in der Berliner Runde eher Kreide fressend auftrat. Und den konzilianten (aber dominanten) Bündnispartner der Sozialdemokraten gab. Die sich freilich selbst erstmal arg berappeln müssen, bevors an den Tisch mit der Union geht.


Mit ihrer Entscheidung für eine unionsgeführte deutsche Regierung unter einem Kanzler Friedrich Merz haben die Wähler die Republik passend zum transatlantischen Wesen gemacht. Was wir erleben werden, ist ein Kurs, der alles Soziale in den Hintergrund schieben und sich an einer servilen Rolle gegenüber den Vereintigten Staaten üben wird.
Am Wahlabend gab der CDU-Vorsitzende zwar vor, schleunigst eine Rolle abseits der omnipotenten Machtansprüche von Trump und seinem russischen Pendant Wladimir Putin suchen zu wollen. Und seine Parteifreundin, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, schmiedet laut Medien schon eifrig eigenständige wehrkräftige Militärstrategien, die auch ohne die USA funktionieren sollen.
Doch Trump & Co haben auch nach der Bundestagswahl durchblicken lassen: Wer sich seinem/ihrem verheerenden Zeitgeist von nicht beugt, der braucht, weil an den Rand der Geschichte gedrückt, erst gar nicht über eine eigene Zukunft nachzudenken. Jedenfalls nicht über eine, die aus Sicht der Vereinigten Staaten relevant ist.
Also wird sich der künftige deutsche Kanzler überlegen müssen, ob er auf eigene Rechnung Politik machen und über den großen Teich hinweg belächelt werden – oder ob er nach reichlichem Abwägen doch die fragwürdige Nähe zu den USA suchen will.

Die AfD, sonst nationalchauvinistisch unterwegs, bekommt unterdessen immer mehr Avancen aus Washington, wo Vize-Präsident Vance sich gar nicht mehr einkriegt vor Komplimenten für die deutsche Rechte. Das wiederum dürfte die Kräfte auf Dauer erweichen, die sich einen irgendwie antiimperialistischen Anstrich geben – und sich, wenn schon, dann lieber mit Putin und damit mit Russland arrangieren wollen.
Insofern könnte am Ende wahr werden, was die Kollegin Brokschmidt als teuflisches Szenario an die Wand malt.
Man trifft sich in einer Art rechtskonservativen Internationale – und versucht hintenrum nationalistische Gemüter zu befriedigen. Das hieße, Merz würde sich unter Druck der mächtigen und einst eng verbündeten USA doch, statt sich politisch endlos mit der SPD zu raufen, mit der AfD zusammentun. Wer sein Versprechen einmal über den Haufen wirft, dem kann man auch unterstellen, dass er ein zweites Mal weich wird.
Da kann der Kanzler der Union noch so eifrig öffentliche Beschwörungen abgeben, er hat neben politischen Prinzipien, die er gern mir nichts, dir nichts in Ablage P entsorgt, vor allem einen geradezu kindischen Geltungsdrang. Und der geht, wenn es sein muss, vor.

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