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Woher Die Ideen?

Die Medienbranche ist ein weites Feld. Und eines, dass jeden Tag neu bestellt werden will – und muss. Die Konkurrenz ist groß! Was früher Auflage war (von immer schwindender Bedeutung), sind heute Klicks. Da heißt es nicht kleckern, sondern klotzen. Und stets auf dem Laufenden bleiben. Das ist bei Ereignissen wie aktuell der Bundestagswahl kein Kunststück. Und doch gilt es, täglich das Neue herauszufiltern. Die Nische zu entdecken, in der ein Thema steckt, das noch nicht, aber dann doch gleich bedeutsam ist – oder zumindest interessant!

Eine gewisse Ökonomie, die auch im Journalismus um sich greift, treibt da so manche Blüten. Nicht nur, dass bisweilen ohne Quellenangaben abgeschrieben wird (Agenturvorlagen dürfen via Abonnements weitgehend ohne Angabe verwendet werden, anderes Abkupfern wäre was für Plagiate-Jäger). Es werden ganze Gedankenzüge mehr oder weniger geschickt kopiert. Das fällt nicht weiter auf, wenn es unter etablierten Medien geschieht, die alle irgendwie die Mitte bedienen. Dort sind Einfallsreichtum und Zuspitzung weniger signifikant.

Dort freilich, wo neben Chronistenpflicht Exklusivität in Idee und Umsetzung angestrebt wird, entpuppen sich schnell Lauffeuer des Schaffens. Da findet man plötzlich in einem Medium wieder, was man kurz zuvor anderswo gelesen hat. Ohne Verweis auf eine Art Urheberschaft. Ein Copyright gibt es nicht, kein Patentschutz. Insofern ist es besser, vorneweg zu schreiben als hinterher. Bei knapper Zeit und notwendiger Schlagzahl nicht so einfach. Irgendwie sportlich. Da wäre Fairness nicht schlecht, ist aber Mangelware.

So wundert man sich nicht selten, dass, wenn irgendwo ein kluger oder klug pointierter Gedanken formuliert wird, er wenig später auch anderswo auftaucht. Würde man nachhaken, kämen absehbar Reflexe, so einzigartig sei es nun ja nicht gewesen, was da schon irgendwo zu lesen war, als dass man, nun gut: verzögert, nicht selbst drauf gekommen wäre. Und vielleicht ist es ja gar nicht schlecht, wenn sich da Lesestoff fruchtbar fortpflanzt. Zumal wenn die Kopie mindestens so gut gedacht und dann gemacht ist wie das Original.

Das ist wie mit Medikamenten – auch da könnte es am Ende egal sein, ob Generika oder Originale die Menschen erreichen. Hauptsache sie erfüllen ihren Zweck. Ohne billige Nachahmerprodukte wäre die Welt nichts weniger als aufgeschmissen. Insofern ist das völlig in Ordnung. In diesem Sinne mag es auch ok sein, wenn sich im Journalismus die einen bei anderen bedienen. Weil da aber nichts dafür gezahlt wird, wäre es ganz gut, wenn das nicht allzu plump und offensichtlich geschähe. Oder das solidarisch ein wenig transparent gemacht würde.

Ist nur eine von vielen Ideen neben anderen Ideen. Und damit auch schon so gut wie vergessen. Warum ich es dennoch schreibe ist, weil dieser Tage zeitversetzt so allerlei Ähnliches auf Portalen rumgeistert. Vielleicht weil sich einige erst nicht trauen – und dann doch. Wäre ja blöd, wenn der ein oder andere Geistesblitz nur an einer Stelle einschlüge. Lustig ist es freilich schon, zu verfolgen, wie vorgelegt und nachgezogen wird. Etwa bei der Frage, ob SPD und Grüne wirklich gut bedient sind, mit altem Personal neue Politik machen zu wollen.

Vielleicht wäre es ja eine Überlegung wert, so etwas wie einen Gedanken- und Schreibpool zu entwickeln. In den alle, die überhaupt interessante Gedanken, Schlussfolgerungen und dazu noch exquisites Schreibtalent haben, einzahlen. Bei Bewegtbildern etwa gibt es das schon. Daraus werden dann alle, die mitmachen, entlohnt. Transparent, offen – in der Absicht, das Beste soll auch bestmöglich verwertet werden. Das würde denn auch Platz schaffen für ganz und gar wirkliche Exklusivität – ungeteilt und einzigartig.

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