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Herrgott BitteNach Freiburg

In der Erzdiözese Freiburg ist der Teufel los. Für aufrechte Katholiken ist das quasi der religiöse Gau. Wäre Papst Franziskus nicht gesundheitlich so angeschlagen, ich würde ihm raten, da mal vorbeizuschauen. Und nach dem rechten zu sehen. Erst die noch längst nicht ausgestandene und laut nachhallende Affäre Böhmann, in der es um angebliche Verfehlungen des gekündigten Domkapellmeisters geht. Jetzt baut sich der nächste Skandal im 1,9-Millionen-Schäfchen-Einzugsgebiet der Diözese auf, deren Leitung den Leiter der katholischen Seelsorgeeinheit Baden-Baden, Pfarrer Matthias Koffler aus dem operativen Gottesgeschäft abzieht.

Die genauen Hintergründe sind verschwommen. Das eint die eine mit der anderen Affäre. Und das Licht Gottes mag sie nicht erhellen. Was dann doch Dank Himmelskraft durchscheint ist, dass sich in der Diözese seit Längerem eine Art Willkürherrschaft breit gemacht hat, der wie Domino-Steine unliebsame Botschafter christlicher Sing- und Sichtweisen zum Opfer fallen – oder als solche dem Herrgott dargebracht werden. Was sich die Diözese davon erhofft? Chormitglieder (im Fall Böhmann) und der Gemeinderat und Ehrenamtliche (im Fall Koffler) rätseln. Vermutungen lassen auf gewisse messianische Verbohrtheit schließen.

Nimmt man Stellungnahmen der Diözese, erschöpfen sie sich in dem Schöpfer unangenehmen Konflikten und Beschwerden (welche, wird nicht gesagt), die Handeln erforderlich gemacht hätten. Das war’s dann schon. Schaut man auf das, was Medien und andere, etwa Gemeinden berichten, dürften hinter Allem engstirnige Kirchen-Dogmatiker stecken. Im Fall Koffler haben sich oben erwähnter Gemeinderat und Ehrenamtliche öffentlich hinter den guten Theologen und menschlichen Seelsorger gestellt. Facebook-Kommentare lassen ahnen, dass viele den Diözese-Vertretern am Liebsten die Soutane vom Körper reißen würden.

Pfarrer Koffler habe, so die Badische Neueste Nachrichten, vor Amtsantritt deutlich gemacht, dass er seinen Auftrag auch so verstehe: Nicht stromlinienförmig sein, Mund aufmachen, auf Missstände hinweisen. Das mündete, so das Blatt, kürzlich in einer Predigt Kofflers auch in Hinweise, er würde, durch eine Madame Wichtig, aufgefordert, so schnell wie möglich ratz und fatz aus der Gemeinde verschwinden, egal was er bisher erreicht habe. Eine Denunziation. Die BNN verweisen auf Informationen, wonach es in Beschwerden nicht um Fehlverhalten oder Versäumnisse ging, sondern um eher persönliche Dinge wie Kofflers Kleidung und Freizeitverhalten.

Man muss nicht allzu viel Fantasie aufbringen, um sich vorzustellen, was da – von Böhmann bis jetzt Koffler – abgeht in der Diözese Freiburg. Die sich ansonsten menschen- und weltoffen gibt. Früher einmal war Freiburg eine Art Mekka für linksliberale und linkere Geister. In der 1960ern Ableger der Studentenunruhen, in der 70ern Widerstand gegen Whyl, ein Hotspot der autonomen Szene, Hochburg der Grünen. Aber wie das so ist mit der Kirche; sie pflegt die Camouflage christlicher Moral, um hinter Orgeln und Kanzeln genau jene Moral zu verraten. Das ist nicht ein Versehen, das hat, wie das Beispiel Freiburg zeigt, System.

Missbrauch und die Art des Umgangs damit, geschweige denn einer umfassenden, allenfalls maximal schleppenden Aufarbeitung, sind Synonyme für den den Mangel an Bereitschaft zur Selbstreflexion. Die Art und Weise der Konfliktunfähigkeit in den Fällen Böhmann und Koffler steht beispielhaft für fehlende Toleranz und die Anerkenntnis, dass im 21. Jahrhundert Kirche von unten anders wahrgenommen wird als von oben zelebriert. Oder anders gesagt: Der Herrgott würde sich im Grabe herumwälzen, wenn er sähe, wie in seinem Namen Kirchenpolitik gemacht wird. Eigentlich ist klar, wer hier zu Kreuze kriechen müsste.

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