Uff. So geht es Katharina Körting mit Blick auf die Corona-Pandemie durch ihre offenbar immer noch von der Pandemie angeschlagene Seele. Uff! Geht es freilich auch mir durch den Kopf. Was die Autorin des Freitag da aus ihrem Innenleben ausbreitet, ist – ohne sorry – eine Mischung aus larmoyantem Opfer-Gesülze und Rehabilitationsquark. Wenige Jahre nach Ausbruch des weltweiten Virus-Lauffeuers wachen die, die schon damals wähnten, der Kampf gegen Corona wäre eigentlich ein Kampf gegen unverbrüchliche Menschenrechte, aus vorübergegangenem Schlaf auf. Und knüpfen an ihre Unterdrückungstheorien an.
Die gehen so: Mit seinem Lockdown-Maßnahmen habe der Staat, flankiert von regierungshörigen Medien, die Menschen manipulativ in eine schier unerträgliche Einsamkeit getrieben. Wer Folge leistete, ging einer kollaborierenden Wissenschaft auf den Leim, einer Diktatur der Inzidenzien, Infizierten- und Totenzahlen in den Medien. Man, so Körting, versammelte sich am Lagerfeuer der Vernunft. Ansonsten emotionale Kälte. Wer sich wehrte, fand sich nach rechts abgeschoben, gewissermaßen ausgebürgert aus dem Konsens der kuschenden Mehrheit wieder. Folge: nicht gut zu machender immenser gesellschaftlicher Schaden.
Nach rechts abgeschoben? Muss man sich gar nicht fühlen. Wenn man Texte wie die von Katharina Körting im Freitag liest, steht man nämlich genau dort! Rechts. Bei denen, die sich, damals beschnitten in ihrer Freiheit, die Corona-Maßnahmen anzuzweifeln oder sich ihnen gar zu widersetzen, noch heute dagegen wehren, als Verschwörungstheoretiker, Corona-Leugner und Querdenker ausgegrenzt worden zu sein. Hinzugefügt, wie sich Körting des Narrativs von gleichgeschalteten Öffentlich-Rechtlichen Medien bedient, die Meinungskorridore einengen halfen, landet man unschwer im rechtspopulistischen Lager.
Kann sich noch jemand an die verheerende Anfangsphase der Pandemie erinnern? An Bergamo zum Beispiel? An die Leichen, die dort mangels Platz anderswo auf Straßen geschoben wurden? An die Ärzte, die kaum mehr Kraft angesichts ihrer Ohnmacht hatten, die Ausbreitung des Virus einzudämmen? Diese Bilder allein hätten mich, wäre ich Politiker in einem Land gewesen, in dem sich die Wucht der Pandemie gerade erst ankündigte, keine Nacht mehr schlafen lassen. Die Labore: Noch ratlos. Impfstoffe nirgendwo. Was tun? Millionenfach raffte das Virus weltweit Menschen dahin. Ich erübrige mir hier entsprechende Datensätze.
Auf staatliches Geheiß verdrängte Widersprüche, oktroyierte Uniformität von Denken und Gefühlen, so lautet das Fazit einer Katharina Körting. Und weiter: Obrigkeitshörigkeit, Anpasserei und Verpfeiferei. Den tatsächlich mit pathologischem Long COVID Ringenden wird das psychosomatische Long COVID entgegengehalten. Entstanden durch Hysterie und monatelanges Eingesperrtsein. Wer hier noch nicht auf Körting-Linie ist, dem werden Maskenskandal und Testzentrumsbetrug als in der Tat kriminelle Auswüchse staatlichen & medialen Hyperventilierens ins Gedächtnis gerufen. So möchte Körting heute die Menschen politisch durchimpfen.
Ja, Angehörige konnten nicht mit Corona-Opfern von Angesicht zu Angesicht leiden und gegebenenfalls um sie trauern. Alte, ohnehin schon einsam, waren noch mehr auf sich geworfen. Freundschaften lagen eine Weile physisch nähebezogen auf Eis. Kinder konnten Freund:innen nicht treffen. Mussten zu Hause lernen. Home-Office wirkte auf manche als existenzielle Zumutung. Auch auf Eltern, die eine zeitlang, oh Graus, den Lehrer-Job übernehmen mussten. Impfungen, mit Blick auf andere gesundheitliche Gefahren längst gang und gäbe und akzeptiert, waren plötzlich eine Art aufgenötigter Messerstecherei.
Wer derart auf die Pandemie und ihre Bekämpfung blickt und eine aus, ja durchaus: Anordnungen, aber auch Einsicht, Umsicht und Rücksicht auf die Hartnäckigkeit des Corona-Virus gerierte Solidarität als Mehr Diktatur wagen abtut, der schlägt sich ebenfalls auf eine Seite. Und es ist nicht eine Seite, die von fragwürdigen Dogmen und Erzählungen – etwa denen eines sich über alles stülpenden Staates und seiner servilen Medien – frei ist. Einer Erzählung, die derzeit entweder an Rechtspopulisten verliehen oder bei ihnen ausgeliehen wird. Auch der demokratischste Staat freilich hat eine Sorgfaltspflicht.
Auch ich sehe, im Nachhinein, dass bei Maßnahmen die Neigung bestand, zu überziehen. Und es gibt nicht wenige, die das rückblickend auch so geschehen sehen, damals verantwortliche Politiker und Wissenschaftler. Damit aber alles in Bausch und Bogen zu verdammen, was man versuchte, gegen das für nicht wenige tödliche Virus ins Feld zu führen, hat etwas auffallend Verlogenes. Und durchaus seinerseits Menschenfeindliches. Anders als Katharina Körting fühle ich kein Unbehaustsein im eigenen Land. Und fühlte es nicht. Ich fand die Zeit nicht leicht. Und bin froh, dass sie mit einigen Erkenntnissen hinter uns liegt.
Unter anderem mit der Erkenntnis, dass, wo immer sich ein Virus breit macht, er nicht zu unterschätzen ist. Man forschen muss, auch nach Mitteln dagegen. Man lernen muss, möglichst vorsichtig damit umzugehen, nicht nur pathologisch. Ich stelle allerdings auch fest, dass es eine Menge Formen von Long COVID gibt. Die, die Menschen zwingt, sich ein Leben lang mit teils schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen zu beschäftigen. Mit Problemen, die sich ebenfalls nur schwer psychologisch auffangen lassen. Und ein Long COVID, das politisch geprägt ist. Und unter anderen Stimmen wie die von Katharina Körting zeitigt.

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