Sie sei, so ließ Christoph Heusgen wissen, eine polarisierende Figur! Deswegen tue sich Deutschland keinen Gefallen, wenn Annalena Baerbock, sonst eine begnadete Politikerin, zu den Vereinten Nationen nach New York entsandt würde. Um dort Präsidentin der Generalversammlung zu werden. Nun, in den Worten des Ex-Vorsitzenden der Münchner Sicherheitskonferenz über die deutsche Ex-Außenministerin, lassen sich gleich zwei fragwürdige Passagen ausmachen. Hat Annalena Baerbock je wirklich polarisiert, und war sie tatsächlich eine begnadete Politikerin?
Als alter weißer Mann werde ich einen Teufel tun, auf dem Postulat der Grünen von einer feministischen Außenpolitik rumzuhacken. Wer will schon in Sekunden im Macho-Mixer zermalmt werden? Es braucht auch gar keine polemischen Anmerkungen. Die Auftritte Baerbocks, auch bei in vielerlei Hinsicht angreifbaren Staatsgrößen, erzählen, was zu erzählen ist. Danach stand die Außenministerin aus Berlin vielen Vorgängern, was diplomatische Zurückhaltung oder andersrum, Kritik an allerlei Zuständen betrifft, im Grunde in nichts nach.
Diplomatische Zurückhaltung, das war seit jeher, mit Ausnahme des ebenfalls Grünen Joschka Fischer, der sich zumindest im Jugoslawien-Konflikt was, wenn auch streitbar, traute, oberste Maxime deutscher Außenamtsregierenden. Und Kritik, gar deutliche, eine Fußnote. Was heißt: Es bedarf keiner besonderen Baerbock-Schelte. Was allerdings ihren gewünschten Nachfolgejob betrifft, da ist nun alles Diplomatische über Bord gegangen. Und besonders dafür erntet die quasi frisch emeritierte Ressortchefin jetzt harsche Kritik.
Alles Polarisieren findet, als gäbe es etwas nachzuholen, nun post-ministeriell statt. Denn eigentlich war eine andere, die versierte Fachkraft Helga Schmidt, für den UN-Job vorgesehen. Die das Geschäft von derlei Organisationen kennt, wie nur wenige. Und so stoßen sich Etliche aus dem Weltplenum daran, dass nach schon erfolgtem Warmlaufen von Helga Schmidt nun das Vorstellungsprozedere von Neuem beginne. Der Berliner Tagesspiegel zitiert einen Protestler mit dem empörten Satz: Deutschland hat unsere Zeit verschwendet.
Zeit verschwenden freilich ist ein deutsches Markenzeichen. Trump, Putin, Erdoğan, Netanyahu – wir verschwenden dauernd Zeit. Am Liebsten mit unbelehrbaren Autokraten mit Hang zum ausufernden Despotismus. Statt ihnen einfach, auch als wünschenwert geeintes Europa, die Stühle vor die Tür zu stellen, beschäftigen wir uns damit, wie wir die Kerle zähmen könnten. Und verlieren uns, wie Frau Baerbock, in unendlichen Appellen. Rüsten auf statt ab. Weil wir im Schlepptau dieser Militaristen gar nicht mehr auf andere Ideen kommen.
Flankenschutz erhalten wir von Experten, die, Zufall oder nicht, alle aussehen wie Herfried Münkler. Der sein Beraterfähnchen stets nach dem Wind dreht. Und die freien Eintritt auch bei eher links einzuordnenden Medien wie der tageszeitung, kurz taz, haben. Dort hat jetzt einer der unzähligen massentauglichen Politologen, ein gewisser Helmut Däuble, die Dringlichkeit der Abnabelung Europas von den USA beschrieben. Und, wie sollte es anders sein, die militärische Abschreckung als Kern politischer Emanzipation angemahnt.
Unverschämt hat Christoph Heusgen auf online-Portalen das genannt, was sich Annalena Baerbock herausnimmt, in dem sie einer anderen für den vorgesehene UN-Leader-Position Vorgsehenen einfach den Job wegschnappt. Unverschämtheit regiert allerdings die Welt. Und wenn wir dem Militarismus anderer eigenen Militarismus entgegensetzen wollen, warum dann nicht auch Unverschämtheit der Unverschämtheit anderer. Es ist bitter anzuschauen, wie wir auf keine anderen Wege oder Visionen kommen, als die, die uns andere vorsetzen.
Selbst der Irrwitz, dieser Tage CDU-Mann Armnin Laschet als neuen deutschen Außenminister ins Gespräch zu bringen, folgt dieser Art des Nachbildens von Vorbildern. Hat Donald Trump nicht mal das Intellekt, um einen McDonald’s-Laden zu führen, mag es bei Laschet knapp für einen Leitungsposten beim TÜV Nord reichen. Es ist nicht nur verschwendete Zeit, die mit Namen gekoppelt ist, sondern auch ein Unterschreiten des Mittelmaßes. Dem haftet unter anderem an, dass nichts zu schlicht ist, um es nicht in die Waagschale zu werfen.
Was am Schluss des Beitrags hier zu Friedrich Merz, der SPD und auch zu den Grünen führt. Was da als künftige Regierungsagenda auf dem Tisch liegt, ist selbst von verdrehten Haustürgeschäften nicht zu unterbieten. Aufrüstung und Infrastruktur werden da vage, aber in goldenes Papier gewickelt feilgeboten, um davon abzulenken, dass in der Migrations- und Sozialpolitik als hochwertig gelabelte Billigware hergestellt wird. Menschenverachtend, mal so, mal anders. Was, bitte schön, sollen wir da hochgerüstet verteidigen?

Hinterlasse einen Kommentar