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Buchmesse Von Rechts

Ein bisschen scheint der literarisch verkleidete Angriff von rechts in Gestalt einer Buchmesse im Gewühl von Kriegen, (Zoll-)Krisen und Koalitionspoker verloren zu gehen. SeitenWechsel nennt sich sinnigerweise Die BücherMesse, die das BuchHaus Loschwitz aus Dresden Anfang November in Halle ausrichten will. Das Haus gehört Susanne Dagen. Ihr Laden: populistischer Kulminationsort seelen- und gesinnungsverwandten Personals. Bis hin zum vielleicht prominentesten, dem Schriftsteller Uwe Tellkamp. Der versuchte sich als harmloser Sympathisant. Weil er noch einen hörbaren Ruf zu verteidigen hat. An dem blättert freilich so langsam, ja: längst, die Fassade ab. Dahinter schimmelt AfD-bräunlich das poröse Mauerwerk hervor.

Tut man mit dieser Beschreibung Uwe Tellkamp Unrecht? Dass er sich selbst zu unrecht attackiert fühlen würde: geschenkt. Dass er vor acht Jahre zu den Erstunterzeichnern einer Charta 2017 von Susanne Dagen gehörte, ist freilich bekannt. Damals kam es auf der Buchmesse in Frankfurt am Main zu Tumulten um den neurechten Kleinverlag Antaios. Weswegen Susanne Dagen in ihrer Charta vor Gesinnungsdiktatur warnte. Tellkamp verteidigte damals in einem offenen Brief ihre Kooperation mit dem fragwürdigen Verlag, der inzwischen vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft wird. Gesellschaft leisteten Tellkamp Namen wie Matthias Matussek, Jörg Bernig & Cora Stephan.

Womit wir bei Autoren sind, die in der Buchreihe Exil auftauchen, die Susanne Dagen auflegt. Die Buchreihe Exil versteht sich als Kunst der Zuflucht ebenso wie als Zuflucht der Kunst, die sich einem Klima zunehmender politischer Anfeindung ausgesetzt sieht und zeigt, die aus der dieser Distanz und verschiedener politischen Position kommenden, Sichtweisen und Analysen auf. So wird es dort formuliert. Einen Blick auf die Exil-Schreibenden geworfen, ist schnell klar, was darunter zu verstehen ist. Allesamt erscheinen sie der Sichtweise verpflichtet, die auch ehemals die Charta 17 pflegte. Danach wird alles, auch der literarische Betrieb, gegängelt. Wenn nicht vom Staat, dann von einer feindlich gestrickten Öffentlichkeit.

Autoren der Exil-Buchreihe: Jörg Bernig. Medien rechnen ihn der neurechten Szene zu. Migrations- und islamfeindliche Sicht präge sein Weltbild. Er hat Drähte zur Zeitschrift Sezession, verbunden mit Namen wie dem des rechten Vordenkers Götz Kubitschek, der früher Junge Freiheit – mittlerweile unzählige agitatorische und publizistische Rollen im rechten Milieu spielt. Helmut Roewer, thüringischer Ex-Verfassungsschutzchef, in etliche Affären verwickelt, vom Dienst suspendiert. Publiziert unter anderem im Compact-Magazin von Rechtsausleger Jürgen Elsässer und im Kopp-Verlag. Trat im Querdenken TV auf, wo er Verschwörungstheorien im Kontext der NSU-Morde verbreitete, und bei AfD-nahen Einrichtungen.

Frank Böckelmann, dem in der FAZ vor Jahren schon attestiert wurde, er sei ein Ideologe der neuen nationalen Revolution. Der Autor tut sich besonders als Streiter gegen eine Islamisierung Deutschlands hervor und gehörte zu den Urunterzeichnern einer Initiative der nach rechts abgedrifteten Vera Lengsfeld, worin sie sich gegen eine Beschädigung Deutschlands durch illegale Masseneinwanderung wendet. Außerdem Tuchfühlung mit der Zeitschrift Krautzone, die AfDWatchBremen als neurechtes Propaganda-Magazin einordnet, im Dunstkreis der Identitären Bewegung. Sich selbst sieht das Magazin in libertär-konservativer Tradition, gepaart mit nationalen und patriotischen Ansichten. Kurzum: völkisch-national (AfDWatchBremen).

Auch im Exil-Sortiment befindet sich ein Drei-Bände-Paket Chiffre, Zeller, Matussek. In Chiffre vereint Texte von Bettina Gruber, Cora Stephan, Silke Schröder, Helmut Roewer, Ralf Schuler, Ulrich Vosgerau, Klaus-Rüdiger Mai, Uwe Tellkamp. Autorin Gruber ist bekannt für ihre Szenarien zur Bedrohung der Demokratie, etwa in Corona-Zeiten. Und durch ihre Theorie der Zersetzung des natürlichen Geschlechts durch die Feier von Minderheitssexualitäten. Silke Schröder, ehedem Vorstandsmitglied des nicht unumstrittenen Vereins Deutsche Sprache (VDS) war dabei, als sich AfDler und Neonazis in Potsdam zum Geheimtreffen versammelten, und musste ihren Job beim VDS in Folge ihres rechten Schulterschlusses aufgeben.

Undsoweitundsofort. Rechten Hohn macht deutlich, dass die Messe am 8. und 9. November stattfinden soll. Der 9. ist der Tag, an dem in Deutschland der Novemberpogrome der Nazis 1938 gedacht wird. Und an die Öffnung der Mauer zwischen der damaligen DDR und der BRD 1989. Insoweit also an ein Gegenstück der Pogrome, das die Erkämpfung der Freiheit markiert. Dass Susanne Dagen und ihr ideologischer Anhang dieses Datum gewählt haben, darf durchaus als Absicht unterstellt werden. Dass die, die dort zugegen sein werden, mit ihr einen rechtspopulistischen Kontrapunkt zum Gedenken setzen wollen, erscheint nicht weit hergeholt. Ein harmloser Buchladen ist der Laden in Dresden jedenfalls nicht.

Wer das ganze Ausmaß rechtsgedrehten Geistes, der von Susanne Dagen und ihrem Umfeld ausgeht, erleben möchte, kann das auf dem Portal des KulturHaus Loschwitz tun. Dort zu finden ist unter anderem ein YouTube-Gespräche von Dagen mit Götz Kubitschek, der darin Dagen als alte Freundin begrüßt. Kubitschek, seit Jahren der Antaios-Verleger, blättert seinen ganzen Reigen an rechten Narrativen auf. Insbesondere, dass man sich als Andersdenkender einer Phalanx an diskreditierenden Institutionen von Staat und Medien, unter anderem im Zusammenhang mit dem Potsdamer Treffen, erwehren müsse. Dass er Verbindung zum österreichischen Rechtsextremisten Martin Sellner pflegt, wundert da nicht.

Es verwundert auch nicht, dass sich Susanne Dagen, die sich bisweilen pseudo-eloquent als Opfer einer Kampagne gegen Häuser wie das ihre stilisiert, prächtig mit Götz Kubitschek versteht. Der sich denn auch für ihre Buchmesser SeitenWechsel stark macht. Und es verwundert auch nicht, dass rechts-konservative Portale wie Tichys Einblick und kontrafunk, der beispielsweise von AfD-Mann Björn Höcke und anderen Rechtsaußen empfohlen wird, Medienpartner der Messe sind. Auch Matthias Matussek arbeitet für kontrafunk. So schließen sich allüberall die Kreise der rechten und rechtskonservativen Szene, wie ehedem in Potsdam. Und das ganz und gar nicht geheim. Um so mehr, als derzeit auch in D die Rechten stärker werden.

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