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Der Abteilungsleiter Merz

Hier spricht der Abteilungsleiter (Die Zeit). Treffender hätte man den Auftritt von CDU-Chef Friedrich Merz, welcher künftig das Land unbeschadet durch den weltweiten Krisendschungel führen will, nicht wesentuieren können. Gab er sich in der ARD-Sonntagabendshow Einer wird gewinnen alias Caren Miosga in der Tat ein bisschen wie der Versicherungsverkäufer, der seine Policen als scheinbare Absicherung fürs Leben anbietet – und nur auf Nachfrage auf Haken und Ösen hinweist, die seine Art von Allianzpolitik dann doch nicht risikofrei daherkommen lässt. Man sah und hörte einen vermeintlich integren und vernunftsgerüsteten Kanzler in spe. Der sich freilich vor allem selbst absichert. Man kann ja nie wissen.

Je näher das Gepräch ans echte Leben ranrückte, desto vager gab sich Merz. Die Befürchtung, viele Arbeitnehmer könnten wegen steigender Sozialbeiträge und ausbleibender Steuersenkungen am Ende seiner Regierungszeit netto weniger Geld erhalten, sei aus heutiger Sicht sicherlich nicht unberechtigt, hatte er in Medien wissen lassen. Mehr wollte er auch an diesem Abend nicht sagen. Die Welt sei angesichts sichtbarer Entwicklungen, etwa mit Blick auf die USA, nicht berechenbar. Wie könnte es also deutsche Regierungspolitik sein. Krisenzeiten sind für Regierende ohne belastbares Programm großartig. Alles kann, nichts muss. Wer weiß, so mochte man denken mögen, ob wir morgen noch atmen.

Was man am Ende dieser wieder einmal fulminanten Sendung, in der nicht gegrillt, sondern kalte Küche serviert wird, ahnen konnte: Die Menschen im Land müssen sich auf etwas gefasst machen. Auf steigende Kosten in erster Linie. Erstmal werde sicher vieles teurer, so Merz. Bevor dann, deutlich weniger sicher, Entlastung winkt. Alles, was via Reformen und sozialem Willen besser werden könnte, wolle man, wenn denn die Arbeit beginnen kann (jedenfalls sollte) erörtern. Die Zukunft der Renten zum Beispiel. Wohnungsbau. Deutschlandticket. Standardsatz Abteilungsleiter: Man werde keine Versprechungen machen, die wir nicht erfüllen können. HUK! Ich habe gesprochen (sorry für die versteckte koloniale Aneignung).

Ein bisschen mehr Mut zusprechend gab sich Merz etwa mit Blick auf die Ukraine. Gezeigt werden Bilder des verheerenden Raketen-Angriffs der Kreml-Armee auf die Stadt Sumy. Die Ukraine müsse jetzt raus aus ihrer Abwehrhütte. Und ran an die Buletten. Den Russen zeigen, dass man auch echte Attacke kann. Versorgungslinien torpedieren. Auch mit Taurus? Verdammt, diese ewigen Versuche, einen festzunageln. Also Griff in die Klamottenkiste. Hm, ja, grundsätzlich, bestimmt, vielleicht. Man werde sehen. Alles in Absprache mit den europäischen Partnern. Russlands Präsident jedenfalls bewege sich erkennbar nicht in Richtung Frieden. So lässt sich die geplante deutsche Aufrüstung halbwegs rechtfertigen.

Das muss sie auch, gerechtfertigt ausschauen. Denn die zig Milliarden, die uns kriegstüchtig machen sollen, brauchen ja so etwas, wie einen Anlass. Was würde Rheinmetall bloß ohne Putin machen? Und ohne US-Präsident Donald Trump, der uns gerade so bitterlich im Stich lässt? Und wie sollten wir unser Unvermögen erklären, die Reichen stärker zur Kasse zu bitten und den kleinen und mittleren Einkommen zu helfen? Sicherheit first. Dazu zählt selbstverständlich auch ein harter Kurs in der Migrationspolitik. Bei allem spielt die SPD, der man nachsagt, sie habe der Union geradezu ihr Markenzeichen aufgeklebt, gerne, jetzt auch im Duz-Modus mit. Mindestlohn-Streit? Sei’s drum. Ab in Ablage Später.

Das ist schon mehr oder weniger lustig. Wie sehr Merz dort glaubt forsch daherplaudern zu können, wo es andere trifft, es ohne die Anderen oder mit vielen Anderen nicht geht. Andere Länder in der Welt, Europa, die Flüchtinge etc – und wie sehr alles schwammig bleibt, wenn es sich um die soziale Zukunft im eigenen Land dreht. Schwammig oder defensiv oder im Zweifel dunkle Wolken an den Himmel malen. Sei doch schön, wenn die Menschen am Ende denken, nix versprochen, bisschen was gemacht. Besser als gar nichts. Empfundene Überschrift überm Koalitionsvertrag: Verantwortung für Deutschland. Das steht da drauf und mehr nicht (Merz). Und was, bitte sehr, ist da jetzt besser als bei der Ampel?

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