André Thierig ist von Haus aus Lackierer. Das kommt dem Chef der Tesla-Werke in Brandenburg jetzt auch als Senior Director zu Gute. Dort hat die Betriebsführung des US-Elektroautobauers von Elon Musk eine ganz eigene Unternehmenskultur entwickelt, die so ganz nach dem bekannten Geschmack des amerikanischen Milliardärs ist. Unter André Thierig nämlich wird auf Hochglanz lackiert, was aus Sicht der IG Metall und angesichts der Errungenschaften deutscher Arbeitnehmer einen ausgesprochen schrottigen Umgang mit Mitarbeitern darstellt. Die schmutzige Liste dafür ist länger als ein Arbeitspause an Gesprächsthemen hergäb.
Das Badest-of: Wer bei Tesla krankgeschrieben sei, dürfe auf nicht angekündigten Besuch hoffen. Nicht des Arztes, sondern einer Kontroll-Guerilla des Konzerns. Sie soll aus Betriebsboss und Personalchef bestehen. Für jede bescheinigte Arbeitsunfähigkeit sollen Mitarbeiter die Diagnose offenlegen und den Arzt von seiner Schweigepflicht entbinden . Teils würden Beschäftigte nicht mehr bezahlt und aufgefordert, für zurückliegende Krankheitstage Erstattung zu leisten. Bezahlungen würden als Schulden gewertet. Es gäbe Druck der Konzernleitung, Aufhebungsverträge zu unterzeichnen (Berichte in Tagesspiegel und Handelsblatt).
Der Mann an der Spitze im Grünheider Werk ist sich keiner Art von Schuld bewusst und verteidigte laut Tagesspiegel in der FAZ, was sich da an Sitten breit macht. Als völlig legitimes Vorgehen. Es handele sich um einen Bruchteil von Fällen, 0,1 Prozent der Belegschaft, in denen die Lohnzahlung gestoppt würde: Wenn der Mitarbeiter nicht nachweisen könne, dass die Voraussetzung für eine weitere Lohnfortzahlung nicht vorliegen. Man stelle lediglich in Frage, ob denn alles mit rechten Dingen bei Krankschreibungen zugehe. Ergebnis von Gesprächen mit Mitarbeitenden: Sinkender Krankenstand. So stolz der Personalchef.
Focusthemen hat eine beeindruckende Vita von André Thierig gelistet: Danach ist der Experte für Lackierung und Produktionstechnik bekannt dafür, sich auch schwierigen Herausforderungen zu stellen und pragmatische Lösungen zu finden. Er handele als Führungskraft entschlossen. Das kann man wohl sagen. Weniger entschlossen scheint die Abteilung zu sein, die eigentlich für das Wohlergehen, auch das mentale, der Belegschaft des Gigakonzerns stehen sollte: der Betriebsrat. Er hat mehrheitlich so gar keine Lust, dem von der IG Metall angekreideten Konzern-Bashing auf den Grund zu gehen. Betriebsratsköpfin Michaela Schmitz weiß von nix.
Das passt zu dem, was die Gewerkschaft als Einschüchterung betrachtet, die mit einem systematischen Vorgehen des Konzerns einhergeht. Und an die die Bemerkung von Michaela Schmitz in der Märkischen Oderzeitung gekoppelt scheint, die Arbeitsbedingungen bei Tesla seien gut, gleichwohl gebe es immer die Chance, Dinge besser zu machen. So defensiv wie sie mit ihren Worten daherkommt, könnte man das missverständlich werten. Meint sie, man könne die Kontrollen besser machen? Oder sich besser dagegen wehren? In der Vagheit des Statements liegt, so könnte man meinen, so etwas wie unterwürfiger Selbstschutz verborgen.
Die Unsitten bei Tesla gehen mit einer Konzernentwicklung einher, die insgesamt nicht rosig aussieht. Verfall der guten Sitten, das ist ja das Spezialgebiet von Elon Musk. Er ist quasi die Inkarnation weltweiter Unsitten. Welche sogar gereicht haben, um sich mit den Unsitten des US-Präsidenten zu paaren – wenn auch, wie zuletzt zu beobachten, die einen mit den anderen Interessen nicht bruchlos kompatibel sind. Die Unsitte des Tesla–Betriebsrats, sich im Zweifel tot zu stellen, wird vielleicht auch noch ein Nachspiel haben. Es wäre ja nicht der erste Betriebsrat, der im Feuer der Kollaboration mit der Konzernführung verbrennt.

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