In der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) rumort es. Ihr Vorsitzender Volker Beck, Ur-Grüner, ist nicht mehr von dieser Welt. Der Berliner Tagesspiegel thematisiert das. Danach sagt Becks Vorgänger, der SPD-Politiker Reinhold Robbe, was angesichts jüngster Kommentare und Forderungen der DIG-Spitze nahe liegt: Beck sei „zum Sprachrohr der rechtsextremistischen israelischen Regierung geworden“. Klare Worte. Die nicht erst, nachdem nun auch die fragwürdige deutsche Staatsräson bröckelt, nicht mehr mit dem Vorwurf eines israelbezogenen Antisemitismus weggewischt werden können. Der Vorwurf geht zunehmend in einer Politik von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu unter, die nicht mehr bloß mit Blick auf Gaza völkerrechtswidrig ist, sondern in Israel selbst immer stärker autokratische Züge trägt. Und im Wesen der eines türkischen Präsidenten Erdoğan in nichts mehr nachsteht.
Während Tausende gegen Netayahus Politik auf die Straße gingen und für die Freilassung der noch in Hamas-Händen befindlichen Geiseln kämpften, hätte Volker Beck, so Robbe, nicht den Hauch von Anteilnahme oder Mitgefühl für jene, die gegenwärtig unter dem militärischen Terror Israels gegen die Bewohner des Gazastreifens litten. Beck finde null Worte zu den kritischen Stimmen in der israelischen Politik, der Armee, den Geheimdiensten, der Zivilgesellschaft. Statt dessen bete er das Mantra der israelischen Kriegsführung in Gaza nach. Dies dürfe nicht hingenommen werden, auch nicht in der DIG. Kostproben liefert Beck auf Instagram. Dort appelliert er in DIG-Namen an die Bundesregierung, „außenpolitisch den Druck auf die Hamas zu erhöhen“. Denn „nur so kann der Krieg ein Ende finden“. Nur so könne „das Sterben in Gaza enden“. Und: „Wir müssen jetzt ins Machen kommen“.
Die Stoßrichtung der Beck-Äußerungen ist, auch wenn er am Rande Israels Vorgehen in Gaza erwähnt, wie gehabt: Nach der verheerenden Zerstörung Gazas, nach dem Aushungern der Palästinenser*innen dort, Tausende von Ihnen Kinder, Mütter, alte Menschen, ist nicht etwa der mit terroristischer Gewalt verfolgte Zerstörungs- und Expansionsdrang der rechten Regierung Israels Schuld an dem, worüber mittlerweile die demokratische Welt, auch konservativere Geister, den Kopf schütteln. Es ist und bleibt die Hamas, die alles zu verantworten hat. Volker Beck , anders kann man es nicht sagen, ist nichts weiter mehr als ein Scherge der Politik Netanyahus. Dem jeder Respekt vor Menschenleben fehlt. Auch vor dem Leben der Geiseln. Das haben die Angehörigen immer wieder deutlich gemacht. Die Anfangs noch glaubten, ihre Liebsten stünden im Vordergrund. Und jetzt wissen: Von wegen!
Von welcher Welt Netnyahus Politik ist, der Beck immer wieder Rückendeckung gibt, zeigen auch die Entwicklungen in Israel, die im Krieg Israels gegen die Gaza-Bevölkerung unterzugehen drohen. Denn der Ministerpräsident Israels und seine rechtsextremistischen Partner beugen ja nicht nur das Völkerrecht, die Menschenrechte, die Humanität außerhalb ihres Landes, sie beugen auch alle demokratischen Werte innerhalb des Staates Israel. Auch hier bringt der Tagesspiegel Aufschluss. Der sich auf Reporter ohne Grenzen beruft. „Weinende Mütter, die vor winzigen Leichsäcken im Staub knien. Kinder, die sich mit Messingschüsseln vor Suppenküchen drängen. Zerstörte Gebäude, kilometerweit nichts als Trümmer“. Das seien Bilder, die um die Welt gehen. Nur in Israel sehe sie kaum jemand. Kritik in auf Nationalismus getrimmten Medien, vor allem großen TV-Sendern: Weithin Fehlanzeige.
Israels Journalisten-Gewerkschaft sagt: „Die Medien sind zu Cheerleadern der Armee geworden“. Teils aus eigen gewählter Gleichschaltung. Nich selten aber auch, weil Druck auf Medien in Israel und den Palästinenser-Gebieten ausgübt werde. Gesetzlich, finanziell, psychisch, teils auch physisch. Pläne für ein neues Gesetz sollen künftig weitere Spielräume öffnen, beklagt die israelische Generalstaatsanwältin Gari Baharav-Miara. Motive des Aushebelns von Pressefreiheiten lieferten, so die Gewerkschaft, immer wieder angebliche Verbindungen von Journalisten zur Hamas. Darauf baut, ohne Belege, stets alle Argumentation: Auf einer Nähe zur Hamas oder anderen Terror-Organisationen. Auf dieses Strickmuster baut auch Volker Beck. Alles, was er zu Bedenken gibt, wird zu allererst mit Verweisen auf die Hamas flankiert. Israels Regierung wird so immer wieder aus dem Schussfeld gezogen.
Es gibt keine Rechtfertigung für den tödlichen Terror der Hamas. Und anfangs schien es, als würde nach dem Anschlag vom 7. Oktober 2023 die israelische Gegenwehr tatsächlich gezielt gegen die Hamas gerichtet. Wer heute auf Gaza blickt, sieht allerdings einen komplett dem Erdboden gleichgemachten Lebensraum der Palästinenser. Keine Krankenhäuser. Keine Hilfe für die Menschen. Dazu Vertreibungs- und Umsiedlungspläne. Das alles ist nicht mehr durch die Rede vom Schutz Israels gedeckt. Das sehen auch Staaten in Europa mit Verzögerung so, auch die Bundesregierung. Das Konstrukt, das Pochen auf die Wahrung des Völkerrechts durch den israelischen Staat und die Verurteilung israelischer Gewalt in Gaza und weiterer völkerrechtsfeindlicher Pläne als israelbezogenen Antisemitismus zu diskreditieren, wirkte von Anfang an, entpuppt sich aktuell aber unzweifelhaft als scheinheilig.
Insofern gibt es nicht mehr den geringsten Anlass, sich auf Debatten, die vermeintliche Israelfreunde wie Volker Beck führen möchten, einzulassen. Wer angesichts dessen, was in Gaza und zunehmend auch im Westjordanland an rechtsextremistischer Politik Israels umgesetzt wird, Kritik daran mit dem Verweisen auf israelbezogenen Antisemitismus abzuwettern versucht, schützt Israel nicht, sondern verkauft auch die Menschen, die in dem Land zu Hause sind, für dumm. Jüdinnen, Juden und Araber, die dort ihre Heimat haben, sehen ihre Interessen und ihr Land längst durch die Regierung Netanyahu verraten. Betrachtet man als antisemitisch, was gegen Jüdinnen und Juden gerichtet ist und gegen ihre Interessen, dann sitzt der größte Antisemit an der Spitze der israelischen Regierung. Und wird von Organisationen wie der DIG unter Volker Beck in seinem antisemitischen Tun geradezu befeuert.
Man kann von Glück sagen, dass sich die westliche Welt immer weniger davon beeindrucken lässt.
Als dieser Beitrag zu Ende geschrieben war, wird bekannt, dass Israels Regierung gedenkt, das Westjordanland zum Bestandteil des Staates Israel zu machen. Und damit den Palästinensern endgültig einen eigenen Lebensraum, einen eigenen Staat unmöglich zu machen. Der auch in Deutschland inkriminierte Slogan Ftrtts ist jetzt definitiv Slogan der israelischen Regierung. Was muss daraus folgen?

Hinterlasse einen Kommentar