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Woche 24/25

Ex-Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat vergeblich versucht, im Keller seines von ihm geräumten Ministeriums Tischtennis zu spielen. Seine Nachfolgerin im Amt, Nina Warken von der CDU, habe ihm, so dieser Tage der Tagesspiegel, das Privileg, im Verlies witerhin seine Leidenschaft zu pflegen, ohne Begründung entzogen. Dabei, so Lauterbach, hätte er – sollte das eine Befürchtung gewesen sein – gar nicht von dort mit welchen Absichten auch immer in die Ministeriumsräume vordringen können. Und insofern auch niemanden gestört. Niemanden? Könnte der Tischtennisplattenentzug durch Ressortchefin Warken, so spinne ich jetzt mal rum, vielleicht etwas damit zu tun haben, dass ihr Parteifreund und Fraktionschef Jens Spahn eventuell klammheimliche Hinweise auf den schwelenden Maskenskandal dort zu entsorgen gedenkt? Oder der Keller gegebenfalls als Versteck dient?

Versteck ist Stichwort auch für ein kulturelles Highlight in Berlin. Dort wird dieser Tage das Reichtstagsgebäude lichtmäßig verhüllt. Eine Hommage an das Künstlerpaar Christo & Jean-Claude. Das im Sommer 1995 den Ort bisweilen fragwürdiger Politik unter einer Menge Stoff versteckt hatte. Damals, vom 24. Juni bis zum 7. Juli, reichten die Maximaltemperaturen stundenweise locker über 26 Grad. Also über das Maß hinaus, von dem an jetzt Linken-Chef van Aken hitzefrei für das arbeitende Volk gefordert hat. Auch als Hinweis auf den unentwegt weiter marodierenden Klimawandel. Ab 30 Grad, so van Aken, könne niemand mehr konzentriert und effektiv arbeiten. Damit also schlägt der Linke eine Brücke zwischen Hitzewellen und Betriebswirtschaft. Sein Vorschlag ist einerseits, könnte man meinen, vernunftsbegleitet. Andererseits, mögen andere denken, ein Griff ins Populismus-Fach.

Nichts mit Populismus hat, wieder einmal, die Gastro-Ecke des Tagesspiegel in Berlin zu tun. Der unter der Headline „Schnell hin, bevor es teurer wird“ auf den ersten Blick erschwingliche Hinweis, sich aber mal vor dem Michelin ganz fix in dem einen oder anderen Fress-Schuppen einzubuchen, entpuppt sich rasch als das, was derlei Hinweise in dem Berliner Medium immer bedeuten: Selbst für den Mittelstand unverschämte Wegweiser, die einer 4-köpfigen Gruppe ruckzuck mehrere Hundert Euro vom Konto schöpfen können. Das Wörtchen „teurer“ (statt teuer) ist da klandestine Flucht, die lesende Kundschaft nicht gänzlich übers Ohr zu hauen. Das übernehmen, im gleichen Medium, jene Redakteure, die eine Studie transportieren, derzufolge der Mensch nach dem kreativen Spitzen-„Flow“ etwa beim Tetris-Spiel schöpferisch völlig ausgepumpt ist. Passt irgendwie zu den kruden Gastro-Tipps.

Subsumiert man den Gastro-Mist im Tagesspiegel mal unter „unappetitlich“, kommt man, wieder politisch, zu den Grünen. Und der Affäre um ihr Berliner Mitglied Stefan Gelbhaar. Dem nicht gerade übermäßig belastbare Vorwürfe sexistischer Übergriffe die Partei-Karriere genommen haben. Von privaten Konsequenzen ganz abgesehen. Dass die Grünen-Spitze um die Vorsitzende Franziska Brantner die Geschichte nicht wirklich aufklären kann und dbzgl weiter herumlaviert, wie es andere Parteien nicht peinlicher halten könnten, ja sogar resigniert das Handtuch wirft: Es gehört mit deutlichem Punkteabzug bei Umfragewerten abgestraft. Das Thema an sich ist den Grünen sonst heilige Befassung wert. Wer derart tiefgründig patzt, darf sich nicht wundern, wenn das schon aus Basisgründen nichts wird mit mehr als Opposition. Mein zweifelsfreier Kommentar dazu: Recht so!

Ein „Patzer“ von historischem Ausmaß ist es, wenn Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu seine Rechtfertigungssuada für Angriffe auf den Iran inkl Atomanlagen damit anreichert, dass von dem islamistisch regierten Staat eine Bedrohung ausgehe, die in der Konsequenz dem Holocaust durch das deutsche Nazi-Regime gleichkäme. Man hatte sich mal auf die Singularität der abscheulichen Vernichtung von sechs Millionen Jüdinnen und Juden verständigt. Weil das Verbrechen unvergleichbare Dimensionen hat. Politisch, menschlich. Wenn Netanyahu den Konsens durchbricht, dann darf er sich nicht wundern, wenn seine Politik gegenüber den Palästinensern mit brutalen kolonialen Machenschaften der Apartheid zB in Südafrika gleichgesetzt wird. Auch für fragwürdige Vergleiche gilt: Gleiche Waffen für Alle. Begriffskämpfe machen da keine Ausnahme.

Beim Discounter um die Ecke gibt es dazu, in Neuauflage, Mainstream im Sonderangebot. Allen voran mit dem Label des Stephan-Andreas Cassdorf (Tagesspiegel). Der weiß mal wieder, dass Israel gar nichts anderes übrig blieb, als den – ja in der Tat – israelfeindlichen Staat der Mullahs anzugreifen. Noch ein Krieg, „man wünschte es sich anders..(…), aber die (Welt, d Autor) ist nicht so“. Und auch die Vereinten Nationen sind nicht so, wie es Cassdorf sich vorstellt. Dazu weiß der Kommentator: Es brauche diese Eskalation, sie erhöhe „die Chancen auf Wandel“. Eskalation als Friedenspolitik. Das ist gerade frisch und günstig in der Tiefkühltruhe. In den USA. Russland. Israel. Der Türkei. Europa. Mainstream einfach in den Ofen schieben. Temperatur hochdrehen. Fertig ist das Leibgericht. Wer möchte, dem wird das SPD-Linken-Manifest, sauer eingelegt, dazu gereicht.

Wer das Mainstream-Gedeck noch etwas weiter aufpeppen will, dem sei via liberalem Berliner Blatt als Dessert die einzig richtige Lesart des Manifestes empfohlen: das Papier als Statement des „russlandfreundlichen Flügels der SPD“. Auch hier wird per Label über die Ingredenzien hinweggetäuscht. Aus Zutaten der Diplomatie wird Putin-Hörigkeit. Frieden? Scheiß drauf! Alles ist Verteidigung. SPD-Bellizismus. Zigtausend Tote in der Ukraine und unter Russen. 50.000 Tote in Gaza, viele, viele Tote in Israel. Tote Geiseln. In Kauf zu nehmende Kollateralschäden im Iran. Die, wenn der Iran zurück schlägt und alles weiter hochkocht, neue abertausende Opfer bringen. Ist doch viel besser als so ein läppisches Manifest. Auf geht’s in den Kampf, Freunde der Staatsräson im Sonderangebot. Neben Gartenscheren und Küchenmessern. Gleich gibt’s die nächsten Schnäppchen im Kriegsformat.

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