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Woche 27/2025

Jeder Sozialdemokrat von Bebel’schem Format hätte einen Arsch in der Hose. Nicht so SPD-Chef Lars Klingbeil. Für seine Wahl ins Vorsitzendenamt hatten auf dem Parteitag gerade mal 64,9 Prozent gestimmt. Neuester Wert für die Genoss*Innen laut Wahl-Umfrage: 13 Prozent. Und Klingbeil? Tut so, als wäre das nicht die maximaler Abstrafung seiner Person. Und seiner Politik. Seiner grundsätzlichen Haltung. Und der Haltung gegenüber dem Koalitionspartner, der Union, allen voran Bundeskanzler Friedrich Merz. Als wäre dies nicht ein Grund, nach der Selbstinthronisierung und dem Absägen innerparteilicher Konkurrenz sich selbst abzusägen. Bevor es, ich würde sagen: absehbar, auf jeden Fall aber irgendwann in nicht allzu sehr entfernter Zeit, andere erledigen. Bevor die Zahlen für die SPD vielleicht einstellig werden. Übertrieben? Dann sprechen wir uns gerne wieder.

Wünschen mag ich die Fortsetzung des zu beobachtenden Niedergangs der SPD nicht. Nicht mal im sarkastischsten aller denkbaren Momente. Aber was die Partei in Sachen Mindestlohn, Wohnungspolitik, Rüstung, Migration etc zu bieten hat, ist nicht mal mehr ein AchtungseffektAuf ganzer Breite werden einst gepfeilerte Positionen geopfert. Nicht nur von Klingbeil, auch von der Arbeitsministerin und Sozialdemokratin Bärbel Bas. Die für Augenblicke, so schien es, noch linksliberale Restposten an den Bündnispartner CDU/CSU bringen wollte. Aber auch sie: Eine vom bundespolitischen Machtgefüge durchlöcherte Seele. Man hätte sich viel an brachialer Selbstmissachtung vorstellen können. Denn man weiß ja, wie „Sachzwänge“ wirken. Aber eine derartige Selbstaufgabe, wie sie derzeit in der SPD-Führung zu erkennen ist, ist außerordentlich und nur noch schwer therapierbar.

Mit kaum noch einer Therapie beizukommen scheint auch dem Fraktionschef der Union, Jens Spahn. Er hat, so schwant mir, in Sachen Selbstgefälligkeit den gleichen Workshop besucht wie Klingbeil. Jedenfalls bewegt er sich keinen Millimeter von seinem Standpunkt weg, in der Corona-Maskenaffäre völlig integer und der Lage angemessen gehandelt zu haben. Nachdem im Bericht der Sonderermittlerin Margaretha Sudhoff noch berechtigte Zweifel zunächst versteckt, dann entschwärzt auftauchten, gibt es, Eiderdauz!, nun neue so genannte Erkenntnisse. In Form eines Berichts aus dem Gesundheitsressort an den Haushaltsausschuss des Bundestags vom März 2021, wonach alles im Sinne von Spahn halb so schlimm war. Jedenfalls, so wird suggeriert, es nicht für einen Rücktritt taugt, den manche dem damaligen Gesundheitsminister nahegelegt haben. Kurve gekratzt?

Eine richtig flotte Kurve nimmt parallel auch die BSW-Covorsitzende Sahra Wagenkneckt in Angriff. Ehedem noch skeptisch gegen den Mauerfall, weil erst kurz davor in die SED eingetreten und die Wende als Konterrevolution betrachtend, ist sie drauf und dran, eine andere Mauer mit Verve einzureißen. Das, was man gemeinhin die Brandmauer gegenüber der AfD nennt. Im Gegensatz zu Beteuerungen von BSW-Chefin Amira Mohamed Ali, man gehe nicht mit der Rechtspartei auf Tuchfühlung, spricht Wagenknecht durchaus von Offenheit gegenüber dem Weidel-Chrupalla-Lager. AfD-Chef Tino Chrupalla spricht unterdessen gar schon von „Gesprächen“ mit dem BSW. Solchen, die laut Wagenknecht „selbstverständlich“ geführt würden, sollte es einen „konkreten Anlass“ geben. Den gibt es zumindest bereits in Thüringen. Das Bett ist also gemacht für ein BSWAfD-Stelldichein.

Derweil dürfte das Stelldichein zwischen US-Präsident Donald Trump und Tech-Milliardär Elon Musk sein endgültiges Ende gefunden zu haben. Einst ein scheinbar unzertrennliches Paar, zum radikalen Aufräumen der Vereinigten Staaten von Amerika bereit, hat Musk das Tuch, sauer auf Trumps Allüren, zerrissen. Beim Geld, auch im Zusammenhang mit dem Wirtschaftskurs, den der amerikanische Mega-Autokrat eingeschlagen hat, hört die Liebe auf. Musk hat angekündigt, eine eigene Partei zu gründen. Namen: „America Party“. Klingt ein bisschen wie „America First“, meint aber Musk‘ Milliarden first. Dafür gibt denn der Super-Tramp aus den USA auch schon mal den Demokraten, der sich gegen Trumps „Einparteiensystem“ stellt. Was aus der avisierten Parteien-Niederkunft wird, bleibt abzuwarten. Nicht nur die Ankündigungspolitik des Präsidenten hat eine eher marginale Halbwertzeit.

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