Das Trendbarometer für schwarz-rot zeigt nach unten. Wunder? Mitnichten.. Was die Koalition zu bieten hat, ist schlimmer als blamabel. Als würde hier ein KGV (Kleingartenverein) regiert. Ist aber D (Deutschland). Mit knapp 84 Mio (sic, Millionen!) Einwohnern. Also deutlich mehr, als die deutschen KGV haben (laut KI zusammen ca 900.000 Mitglieder). Will heißen: Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und sein Vize Lars Klingbeil (SPD) müssen nicht nur Hecken schneiden, Rasen mähen, Gießkannen nachfüllen, Holzhäuschen pflegen und nett zu ein paar Nachbarn sein. Sondern sie müssen richtig regieren. Mit allem drum und dran. Im Innern und Äußeren. Daheim und in der Welt. Bewusst scheint Ihnen das nicht wirklich zu sein. Ihre Bundestagsshow jämmerlich.
Straßenschlagloch, Schwimmbaddusche, Schultoilette, Ladensäule, Brücken – alles soll, so Klingbeil, jetzt so werden, wie wir uns das immer vorgestellt haben. „Angehen“, was „jahrelang vernachlässigt“ wurde, nennt der SPD-Mann das. Im Alltag spüren lassen, „dass sich etwas verändert“. Wieder Vertrauen schaffen in den Staat. Das klingt wie aus einem aufgepeppten Ortsverein-Programm der „Sozen“. Habe ich alles vor mehr als 40 Jahren schon mal als Journalist fleißig notiert. Seitdem ist es, mit wenigen Ausnahmen, kontinuierlich bergab gegangen. Vor und nach der so genannten Wende. Immer wieder sollte und wollte was ausgebessert werden. Aber nichts wurde tatsächlich besser. Politschafe, und nicht nur schwarze, knabberten auch das letzte Stückchen Gras ab.
Ich schwöre, auch diesmal wird maximal ausgebessert, aber eine Perspektive, dass alles wunderbar wird, ist das nicht. Ausbessern bedeutet, mal ein bisschen mit Wachsmasse das marode Parkett aufpeppen. Risse zuschmieren. Die Vision von einem grundsanierten Land, auf dessen Fundament künftig und endlich mal fundamental Menschendienliches eingerichtet werden könnte, ist das nicht. Schon gerät trotz Milliarden-Sondervermögen ins Schlingern, was man eigentlich im Sinne hat. Außer „kriegstüchtig“ werden. Mit oder ohne die vielumstrittene Wehrpflicht? Wer liefert wann was in die Ukraine, ohne das eigene Arsenal zu beschädigen? Infrastruktur-Booster. Wo blasen wir hin? Bahn, Wohnungsbau? Fässer ohne Boden. Soziale Fragen ungelöst.
Wie ein Neupennäler steht Lars Klingbeil vor dem Plenum der Abgeordneten in Berlin. Fehlt nur noch die bunte Schultüte. Oder besser nicht. „Alles ist notwendig“, sagt Klingbeil. Aber nichts wäre drin. Nicht ohne massiv Schulden zu machen. Aber wie lange? Und mit welchen Schwerpunkten? Die Rente, ein aussichtsloser Abgesang. Die Pflege, ein Pflegefall. Das bisschen, das man ganz fest in Aussicht gestellt hatte: die Senkung der Stromsteuer. Schon abgeblasen. Das Klima geht nicht nur ökologisch sukzessive vor die Hunde. Auch stimmungsmäßig ist unser Land ausgelaugt. Klingbeils Haushaltsentwurf kommt nicht nur verspätet, für Vieles dürfte es ohnehin zu spät sein. Derweil zeigt Kanzler Friedrich Merz beim Schützenverein Badeschlappen ins Bild.
Wenn der Vorsitzende eines KGV mit bloß 64,9 % Zustimmung auf seinen Posten gewählt würde. Und seine Anhängerschaft gerade mal 13 Prozent betrüge. Er würde sich schämen und die Wimpel rund um seine Hütte schnell abhängen. Nicht so Klingbeil. Sich gestern noch selbstherrlich auf sämtliche denkbaren Führungsposten seiner SPD hievend (und andere teils übel in den Graben drängend), schaut er mit seinen Kulleraugen vom Ministersessel ins Plenum und hält sich, bisweilen den Kopf in den Händen vergraben, für unwiderstehlich. Dabei überhört er freilich, wie es an der Basis brodelt. Noch hält der Fraktionsvorsitzende Matthias Miersch zu ihm. Aber ein, zwei Prozent Umfragepunkte weniger, und auch er wird fragen, wie und ob es mit Klingbeil weitergeht.
Doch halt! Moniert das Desaster nicht auch die AfD? Ist also Unmut über das Dahingewurstel der Regierung zu üben, rechts? Mitnichten. Wer die Worte von Alice Weidel im Bundestag wahrgenommen hat, weiß, dass alles soziale AfD-Geplapper nur einem menschenverachtenden Plan gilt. Das „System“ auszuhölen. Es weichzukritisieren, bis man es braun umkrempeln kann. Deutschland den Deutschen. Ausländer und Demokratie raus. So der Grundton, der aus den Instrumenten der Rechten scheppert. Gerade noch der Versuch, sich harmlos zu pinseln. Und schon bröckelt der frisch getünchte Lack von den Karossen von Weidel & Co. Die Partei freilich liegt unangefochten um die 23, 24 Prozent. Ein Viertel der Umgefragten findet nichts dabei oder jubelt.
Ein paar suchen, aus Verzweiflung?, das Weite. Annalena Baerbock in New York. Robert Habeck in Dänemark. Die Zustimmungswerte der Grünen waren schon mal Besser. Sie werden von der Ratlosigkeit flugs mitgerissen. Während das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ auf Brautschau bei den Rechtspopulisten geht. Das Üble: Die Rechten brauchen einfach nur zuzuschauen, wie schwarz-rot die Republik schlimmer denn je vor die Wand fährt. Sie warten, mit ihren platten kosmetischen Eingriffen und mit Testfahrten in Bundesländern, geruhsam, bis es soweit ist. 2029. Das Einzige, was noch helfen könnte, wäre ein linksliberaler Tornado. Der die Dächer über den maroden Datschen abdeckt. Aber auch das ein wilder Traum. Man fühlt sich irgendwie wie gelähmt.
Wer sich noch bewegt, könnte ein Wettbüro aufmachen. Ich wette etwa, dass die SPD in den nächsten Jahren auf unter zehn Prozent abschmiert. Dass die Unionsparteien sich weiter in ihren Werten denen der AfD annähern. Dass die Grünen nicht mehr über 15 Prozent kommen. Und Die Linke weiter um die 10/11 Prozent dümpelt. Das ist eine blöde Wette, weil sie so gar nichts mit meinem Idealismus zu tun hat. Aber an der Wahrheit kann nun auch mal der größte Optimist nicht vorbei. Chuzpe ist Mangelware. Nicht einmal mehr Jan van Aken hat richtig Mut. Etwa zu einer Großdemontration gegen den Gaza-Krieg und das verheerende Unheil dort zu trommeln, das nach dem Unheil der Hamas die Region heimsucht. Angst isst zusehends Seelen auf.
Die Zeiten sind vorbei, in denen man wenigstens Zuversicht haben konnte, es handele sich bei der Mixtur aus Mangel an Visionen, an Rückgrat und dem Willen zu menschennahen Veränderungen um eine Art vorgetäuschter Verschnaufpause. Um plötzlich, aus heiterem Himmel, einen wirklichen Booster aus dem Hut zu zaubern. Wumm, so die Hoffnung, alles war nur eine gruselige Fassade, hinter der sich jetzt ein Bündel echter Perspektiven für die Menschen auftut. Eine „Lebenstüchtigkeit“ macht sich da mit einem Mal breit, von der man kaum noch etwas ahnen mochte. Aber es ist umgekehrt: Die Fassade ist seit jeher die gleiche. Ein Bündel leerer Versprechen, hinter denen sich morsche Politikerknochen wie Drakula gerieren.
Kinder, Deutschland ist Geisterbahn! Und wir zahlen dafür Eintritt. Wäre doch was, wir würden einen massenhaften Steuerstreik in Szene setzen. Geld nur für eine Sozialpolitik, die ihren Namen verdient. Geld nur, wenn wir bestimmen können, wohin es fließt – und nicht Abgeordnete, denen die Wirtschafts-, Kriegs- und Drohlobby die Bude einrennen. Mit Erfolg. Und die sich, soweit nicht AfD, von den Rechten nach rechts treiben lassen. Vor allem in der Migrationspolitik, der Ausländer- und mithin der Menschenfeindlichkeit. Die kurz vor dem Fall der Demokratie kommt. Im Magazin „Jacobin“ hat ein Autor dieser Tage geschrieben, man soll als Linker nicht „anti“ sein, sondern mit Verve Perspektiven in den Vordergrund rücken, die sich positiv labeln lassen.
Oder, wie man sagen könnte, wir sollten uns wieder handlungsfähig machen. Da hat der Autor recht. Wegducken gilt nicht. Ausbüxen schon gar nicht. Wir haben eine Verantwortung – das Land gegen rechts zu einem lebenswerten Stück Erde zu machen. Ohne KGV-Manier und Badeschlappen. Wir, also all die, die nicht der AfD in die Hände spielen wollen, müssen auf die Straße. Und den Asphalt für unsere Vorstellungen von einer weltoffenen Gesellschaft heiß laufen, nicht den Kopf in den Sand stecken. Da gucken schon die Füße von schwarz-rot raus. Einer Koalition, die sich, kaum in Amt ohne Würden, verrechnet, verirrt und verzaubert, wenn ihr je ein Zauber innenwohnte. Unkenrufer hatten schon vor der Wahl gewarnt, mit schwarz-rot werde das nichts.

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