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Trend Baro Meter

Es gibt Werte, die kommen und gehen. Es besteht keine Notwendigkeit, ihnen besondere Beachtung zu schenken. Hoch, runter. Stimmungen eben. Wie im richtigen Leben. Zum richtigen Leben gehört auch das Trendbarometer für die deutsche Parteienlandschaft. Da gibt es derzeit allerdings einigen Anlass, sich die Daten doch ein bisschen weniger gleichgültig zu Gemüte zu führen. Erneut zieht laut der jüngsten Umfrage die AfD mit der Union gleich (2x war sie vor der Union). Beide vereinigen jeweils ein Viertel des Wähler*innen-Zuspruchs auf sich. Das begründet einmal mehr und nun erst Recht, Alarm zu schlagen. Schwarz-rot taumelt. Und mit der Farbenkombination auch deren politische Protagonisten. Kanzler Merz und sein phlegmatischer Mitstreiter Lars Klingbeil sind in der Skala der (un)beliebtesten Regierungsmitglieder nicht mal mehr eine Fußnote wert. Best of blamabel.

Ich merke gerade, wie sehr ich mich an Vorstellungen klammere, die mir früher sinnlos gewesen wären. Nämlich an die, dass eine wie auch immer geartete Mitte, von der ich noch nie sonderlich Verlässliches gehalten habe, doch nun – in dem Moment, da Rechtsextremisten in Deutschland (wieder) derartigen Auftrieb haben – endlich aufwachen möge. Zumindest die, die sich noch Sozialdemokraten nennen. Auch wenn August Bebel angesichts ihrer Haltung das vorrepublikanische Handtuch geworfen hätte. Mit einer Mischung aus Furcht und Zweifel ist darauf zu warten, inwieweit die SPD angesichts weiterer Stagnation bei 13 %, zugleich mit wiederholtem Abschwung des Koalitionspartners, die Signale erkennt. Und dem Lager von Unionsfraktionschef Jens Spahn, der demnächst von Alice Weidel einen besonderen Höflichkeitsbesuch bekommen könnte, den Rücken kehrt.

Wenn die Umfrage eines zeigt, dann, dass sich CDU/CSU und AfD nicht nur prozentual annähern. Die jeweils 25 % dürften, das sind nach den Verweigerungstiraden gegenüber den SPD-Richter*innen-Vorschlägen nicht mehr Unkenrufe, auch inhaltlich zu mehr Augenhöhe führen. Wie ich die Schwarzen kenne, werden sie vor lauter schöner Angst, die AfD könnte ihnen alsbald den rechten Schneid abkaufen, weiter nach rechts driften. Nicht Wenige dürften sich in den vergangenen Tagen angeschaut haben, ob Spahn angesichts der „vergeigten“ Richterwahl im Bundestag in Schutt und Asche geht. Von wegen. Das christdemokratische Narrativ, es werde mit Blick aufs Verfassungsgericht schon alles gut werden, lässt das andere nurmehr wenig klandestine Narrativ immer deutlicher durchscheinen: Wir machen’s mit den Blau-braunen! Endlich mal eine Partei für satte rechte Mehrheiten!

Seit Monaten, spätestens seit dem AfD-Migration-„Fauxpas“ von Merz im Parlament, scharren Unionspolitiker mit den Füßen. Um des lieben Scheinfriedenswillen hat man nochmal so getan, als würde man einem Bündnis mit der SPD tatsächlich etwas abgewinnen können. Doch schon mit den fragwürdigen Dobrindt-Eskapaden in Sachen Asyl und Abweisung schutzsuchender Menschen an den deutschen Grenzen hat das Unions-Lager deutlich gemacht, dass ihnen demokratische Fragwürdigkeiten am Allerwertesten vorbeigehen. Einsprüche der Sozialdemokratie, von Grünen und Linken eh, waren für den Bundesinnenminister Alexander Dobrindt allemal eher Ansporn, über jedwede rechtlichen Stränge zu schlagen. Die Ignoranz, die die Union mit pubertärbübischem populistischem Blick auf die rechtsextreme AfD zur politischen Maxime macht, ist ein Wink mit dem Zaunpfahl.

Würde man der Union nicht zugestehen, dass sie auch bei schwarz-blau den Hut aufhaben will, würde man meinen, sie hätte es strategisch drauf angelegt, sich in Umfragen mit der AfD die Waage zu halten. Die gefühlt nun schon ewigen 13 % der SPD dürften in der CDU-Zentrale, so darf man spekulieren, jedenfalls Jubelschreie ausgelöst haben. Was will der Lars mit seinem piefigen Kleinparteiengeplustere! Macht der nicht, was wir, die Merz-Partei, will, werden wir’s mit der AfD treiben und ihm die Scheidung in die Schuhe schieben. Ein Rosenkrieg bahnt sich an, da braucht man nur ein bisschen politische Wetterfühligkeit zu mobilisieren. Fürs Erste reicht die Drohung mit einer AfD-Kooperation, um das Feuer etwa unter dem Hintern von SPD-Kandidatinnen fürs höchste deutsche Gericht am Lodern zu halten. Wenn panische Löschtruppen anrücken, dann wird erst recht die Ölkanne hervorgeholt.

Die Umfragen, auf denen wir uns bislang noch ein bisschen ausgeruht haben mögen, werden immer alarmierender. Da hilft es auch nicht, wenn Die Linke meinetwegen einen Prozentpunkt hinzugewinnt. Eine breite Bürgerbewegung gegen rechts ist weiterhin nicht in Sicht. Auch nicht Anstrengungen linker Kräfte, hier endlich in die Puschen zu kommen. Wer allerdings nicht spätestens (!!!) jetzt aus dem Tiefschlaf oder angeblich Energie spendenden Nickerchen aufwacht und die Schuhe schnürt, der darf sich am Ende nicht wundern, wenn Björn Höcke vor der Tür steht und bittet, die Sachen zu packen. Während im Auto Alice Weidel wartet und schon mal den Schlag aufmacht. Und Jens Spahn im Duett mit Julia Klöckner den Grill für die NGOs anschmeißt. Freunde des noch müden Widerstands: Es wird Zeit, mal rauszugehen! Und das Zentrum für Politische Schönheit zu unterstützen.

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