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Who tfis Grenell

Es ist ja ehrenhaft, dass sich der Deutsche Journalisten-Verband (djv) beim US-Botschafter im Berlin über die kruden Vorwürfe gegen den ZDF-Korrespondenten Elmar Theveßen beschwert hat. Aber war das nötig? Richard Grenell, bis vor fünf Jahren selbst US-Diplomat in der deutschen Hauptstadt, heute Sondergesandter für Sondermissionen und rechte Hand von Präsident Donald Trump, hatte Theveßen als „linksradikal“ bezeichnet. Und verlangt, ihm müsse das Visum für die Vereinigten Staaten entzogen werden. Weil der sich im Auslandsjournal seines Senders kritisch über die extremen Ansichten von Stephan Miller, dem Vize-Stabschef von Trump, geäußert habe. Die „ich sag mal“, so Theveßen, ein Stück weit „aus der Ideologie des Dritten Reichs“ kämen. Genau so ist es.

Nur ein kleiner Wiki-Ausflug – und schon wird das rechte Arsenal Millers offenbar. Zeit Lebens wettert er gegen Homosexuelle, brüstet sich ethnonationalistischer Ansichten, als Schüler schon begeisterte er sich für Folter- und Todesstrafe. Er ist eines der vielen Aushänge-Schilder der republikanischen Rechtsausleger, ein so genanner „far-right conservative“. Kritikern gilt er als „Trumps Flammenwerfer“ und „Brandbeschleuniger“. Der Mann, „der hinter Trumps Reden steckt“. Er bringe „den Hass in Trumps Reden“. Eine Studie des „Southern Poverty Law Center“ markiert ihn mit „Rassismus und Reaktionismus‘. In diesem Sinne ist er vor allem ein Kämpfer gegen Migranten, scharfer Gegner liberaler Einwanderungspolitik. Migranten sieht er als Zerstörer der Zivilisation.

Die Liste fragwürdiger Verquickungen ließe sich fortsetzen. Und es wird, je mehr man liest, immer rechter und immer drastischer in dieser Richtung. Elmar Theveßen muss also weder ein schlechtes Gewissen haben ob seiner Einschätzungen, noch gibt es irgendeinen Grund, die Kritik von Richard Grenell ernst zunehmen. Seine Drohungen schon gar nicht. Drohungen gehören zu Breakfast, Lunch und Dinner im Weißen Haus wie Kaffeelöffel. Dass der Ex-Botschafter, um seiner Forderung nach Visa-Entzug Nachdruck zu verleihen, an den Haaren herbeizieht, Theveßen „ruft immer wieder zu Gewalt gegen Menschen auf, mit denen er politisch nicht übereinstimmt“, schlägt dem Fass des Unsinns endgültig den Boden aus. Aber was erwartet man bei so viel Trump-Nähe?

Der djv hat ja Recht, wenn er schreibt, dass „staatliche Zwangmaßnahmen wie der Entzug des Visums“ nicht ins „Arsenal freiheitliche Demokratien“ gehören. Ob das mit den freiheitlichen Demokratien bei Leuten wie Grenell, die Trump dienen, verfängt, ist freilich mehr als fraglich. Eher nicht, würde ich sagen. Trump würde kommentieren: Who the fuck ist the djv? Im Zweifel auch nur eine linksradikale NGO, die man zur Hölle jagen muss, so ließen sich unausgesprochene Worte kolportieren. Kritik, so heißt es, habe es schon vergangene Woche an Theveßen gegeben. Als der über den ermordeten Trump-Unterstützer Charlie Kirk meinte, dieser habe gesagt, dass Homosexuelle „gesteinigt werden müssten“. Und Elmar Theveßen einräumte, Kirk habe Bibel-Verse zitiert.

Das ZDF kotaute, „dieser Zusammenhang hätte deutlicher gemacht werden müssen“. Und Theveßen bedauerte, „an der Stelle nicht ausführlicher gewesen zu sein“. Ganz meinerseits. Denn dann wäre offenbar geworden, dass Kirk zitierte, was nach allem, was über ihn bekannt ist, seiner Homophobie nahe kommt. Der Mord an Kirk, dessen rechtsextremes Gedankengut ich hier nicht im Detail weiterverbreiten möchte, ist durch nichts zu rechtfertigen. Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung darf nirgendwo Platz finden. Das gilt allerdings für jeden, auch für den Toten. Der den privaten Besitz von Schusswaffen nachdrücklich verteidigte und für die öffentliche Übertragung von Hinrichtungen eintrat, die auch, wie „Newsweek“ Anfang 2024 berichtete, Kinder ansehen dürfen müssten.

Nicht alle Medien in Deutschland haben die Theveßen-Geschichte, im Weißen Haus würde man von „toller Story“ sprechen, thematisiert. Aber etliche. Ich weiß nicht, ob es in der Tat irgendwem hilft, über jedes in Schlamm gedrehte Stöckchen zu springen, das einem Trump selbst oder dessen personifizierte Umgebung hinhält. Natürlich kann es jeweils als Beweis dafür dienen, wie jämmerlich das Präsidenten-Stadl agiert. Wie ihm nichts zu blöd und nebensächlich ist, um es zu einer großen Sache zu machen. Die allerdings wird um so größer, je mehr sich Betroffene diese „große Sache“ zu Herzen nehmen. Und tatsächlich alles auf vermeintliche Attacken-Substanz abklopfen. Manchmal braucht man nur auf den Absender schauen und weiß: Erstmal in Ablage P.

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