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„Causa“ Theveßen 2

Eigentlich ist die Headline über diesem Beitrag nicht ganz fair. Es geht nicht um eine „Causa“ Theveßen 2, sondern um die Causa Donald Trump samt politischem Anhang. Und dann doch wieder um den ZDF-Korrespondenten in Washington. Und in diesem Zusammenhang auch um die „FAZ“. Und um die AfD, die von gewissen Persönlichkeiten im Weißen Haus hofiert wird. Wie andere Rechte und Rechtsextreme in Europa. Es geht also um die Frage, was dürfen Medien sagen (Podcast), schreiben. Wieviel Souveränität lässt man ihnen. Wieviele Freiheiten. Was ist der Ist-Zustand. Und was könnte Zustand werden, wenn auch bei uns eines bitteren Tages die blauen Verfechter einer gezügelten Medienlandschaft an die Macht (man wagt gar nicht, dieses Wort zu benutzen, weil es einen gruselt) kommen. Und dann alle jammern. Aber dies viel zu spät. Da ist das Kind dann schon tief im Brunnen.

Beginnen wir vielleicht mit dem Naheliegenden. Der „FAZ“. Und dort insbesondere mit ihrem Autoren Michael Hanfeld. Nicht, dass dieser jetzt besonders auf Theveßen, dem der frühere US-Botschafter Richard Grenell vorwarf, ein linksradikaler „Aufwiegler“ mit Gewaltambitionen zu sein, eindrischt. Grenell hatte sich auf Theveßen-Äußerungen über den US-Vize-Stabschef Stephan Miller bezogen (der „in seinen Überzeugungen…ein Stückweit aus der Ideologie des Dritten Reiches“ komme). Und sich nicht 100%ig sauber zur Homophobie des kürzlich ermordeten Trump-Anschiebers Charlie Kirk zu Wort gemeldet. Hanfeld nimmt das zum Anlass, Theveßen vorzuwerfen, mitunter Stuss zu reden (so der „FAZ“-Artikel-Teaser). Auch Grenell bekommt ob seiner Angriffe auf Theveßen was zu hören. Aber am Ende, so legt Hanfelds Beitrag nahe, bleibt der größte Unsinn am ZDF kleben.

Der „Kommentar“ von Hanfeld reiht sich in dessen stete Bemühungen ein, wo immer es geht dem Öffentlich-Rechtlichen eins überzuziehen. Ein Übung, auf die ich in diesem Blog schon mehrmals hingewiesen habe. Die durch ihre Beständigkeit aber nicht eleganter wird. Was bedeutender gewesen wäre, ist, einen Zusammenhang zwischen den Attacken aus der Grenell-Schleuder (er forderte am Ende dazu auf, dem ZDF-Korrespondenten in Washington das Visum zu entziehen) und dem herauszuarbeiten, was medienpolitisch grundsätzlich im Hause Trump so alles los ist. Darüber wird, nicht nur, aber auch in der „FAZ“ Zeugnis abgelegt. Aber losgelöst vom Konflikt um Theveßen. Dabei würde dieser Konflikt, bei dem es nur vordergründig um Theveßen, Miller und Kirk geht, „wunderbar“ in den pauschalen Krieg passen, den Trump&Co gegen ihnen unliebsame Medien führen.

Denn zeitgleich mit den Attacken gegen Theveßen, die in ihrer „Substanz“ mager sind, tritt die US-Nomenklatura zum wiederholten Male eine Einschüchterungs-Welle gegen die Medien des eigenen Landes los. Diesmal geht es gegen die „New York Times“. Er habe, so Trump, „die große Ehre, eine Klage wegen Verleumdung und übler Nachrede in Höhe von 15 Milliarden Dollar“ gegen NYT einzureichen. Die „eine der schlimmsten und verkommensten Zeitungen in der Geschichte unsere Landes“ sei. Ein „regelrechtes ‚Sprachrohr‘ der radikalen linken Demokratischen Partei“, so Trump auf seiner Plattform „Truth Social“. Dieses „Lumpenblatt“ habe „jahrzehnntelang Lügen“ über seine Familie, sein Unternehmen, die America-First-Bewegung“ und MAGA („Make America Great Again) und „unsere Nation als Ganzes“ verbreitet, gibt n-tv Trumps wutschäumenden Einlassungen wieder.

Der Allmächtige im Weißen Haus hat alle im Visier. Die NYT, das ZDF, Medien im In- und Ausland, die ganze Welt. Dazu gehören – selbstverständlich – auch missliebige Organisationen. Bei einer Sonderaufzeichnung der „Charlie Kirk Show“ im Weißen Haus nach dem in der Tat widerlichen Mord an dem Namensgeber der Sendung macht Vize-Präsident JD Vance die „linke Seite“ der Republik für politische Gewalt verantwortlich. Vance geißelte zunächst eine „mächtige Minderheit am linken Rand“. Um dann zu einem weiten Rundumschlag gegen alle auszuholen, die nicht niet- und nagelfest zu den Claqueuren des Präsidenten der Vereinigten Staaten gezählt werden. In der Sondersendung kam denn auch Stephan Miller (Sie wissen, die „Causa“ Theveßen) zu Wort. Er kündigte an, „im Namen“ von Kirk die „inländische Terrorbewegung“ zu zerschlagen, die hinter dem Attentat stecke.

Vance verwies auf ein „Netzwerk von Nichtregierungsorganisationen“, auf eine „Pyramide“ von Politiker, Geldgebern, Aktivisten – und, klar: Journalisten. Sie würden ein Umfeld schaffen, in dem Gewalt möglich würde, bis hin zum Mord. Auch wenn sie selbst keinen Mord begehen würden. Zu dem Umfeld zählt Vance etwa die „Open Society Foundation“ des Milliardärs George Soros. Der „The Nation“ angeblich finanziell unterstütze, eine Zeitschrift mit „ekelhaften Artikeln“ im Zusammenhang mit dem Tod von Kirk (andere Medien schrieben, es sei mitnichten Geld geflossen). Miller sekundierte, man werde jene Netzwerke, die etwa Charlie Kirk verunglimpften, demontieren,. Und so die Wut in der Bevölkerung über Kirks Tod kanalisieren. Ausländer, die die Tat rechtfertigten, würde ihre Aufenthaltsberechtigung entzogen. So schließen sich denn regierungsamtlich konstruierte Kreise.

Denn kein Medium, auch kein deutsches, hat den Mord an Kirk auch nur ansatzweise gerechtfertigt. Hingewiesen freilich wurde auf die breite Debatte, die sich in der USA am Tod Kirks entfaltet hat. Denn Kirk war ein Mann mit ausgewiesen rechter bis rechtsextremer Gesinnung. Daran ändert auch nichts, dass er immer wieder offensiv für Meinungsfreiheit eingetreten ist. Und er war jemand, der sich ebenso offensiv für Präsident Donald Trump ins Zeug gelegt hat. Dass der Mord an Kirk nun für einen großangelegten Feldzug gegen alle, die Trump nicht die Gefolgschaft schwören, genutzt wird, wundert niemanden. Die politische Entourage, besonders jene, die zum engeren Kreis des Herrschers im Weißen Haus gehört, weiß, was von diesem erwartet wird. Nichts Geringeres als die Diffamierung seiner Kritiker und derer, die distanziert-kritisch über die amerikanischen Zustände berichten.

Kommen wir an dieser Stelle und diesen Beitrag schließend zur AfD, die auch von JD Vance nach Kräften gutgeheißen wird. Und die sich von Politikern wie Vance geschmeichelt fühlt. Was sich gerade in den USA abspielt, bietet – auch wenn das hierzulande viele nicht wahrhaben wollen, noch nicht wahrhaben wollen – einen Vorgeschmack, wie es um Medien und NGOs bestellt wäre, wenn die Partei, die sich den Himmel vortäuschend mit der Farbe blau schmückt, eines „schönen“ Tages an der Regierung und mit an der Regierung wäre. Vielleicht im Zusammenspiel mit der erzkonservativen Ordnungshütern Julia Klöckner. Man kann sich das allein an Hand der geifernden Angriffe gegen die „System“-Medien – und leider auch mit Blick auf Angriffe aus der Union gegen Nichtregierungsorganisationen – ausmalen. Gängelung, dieses Wort würde es nur zaghaft beschreiben.

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