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Woche 47/2025

„Christ-demokratische Clankriminalität“ – mit diesem Begriff hat Daniel Bax in der „taz“ auf den Punkt gebracht, was sich im Hause Weimer (das meint Wolfram und seine Frau Christiane Goetz-Weimer) derzeit so an flockig-lockerer Kassenmentalität abspielt. „Im Hause“, das ist wiederum die „Weimer Media Group“, Lage Tegernsee. Bei der man für bis zu 80.000 Euro eine exklusive Plauderei mit „politischen Entscheidungsträgern“ buchen können soll. Angeblich bis hin zu Minister*innen. Derlei Promi-Talk firmiere unter „Executive Night“. Warum die Gipfel-Runden „Matterhorn“- oder „Montblanc“-Paket heißen; wo doch beide Berge mehr als 500 Kilometer entfernt liegen; und die rund 80 Kilometer nahe „Zugspitze“ als deutsche Namengeberin des vom Kulturkampf beseelten Wolfram Weimer viel näher läge? Vielleicht ist die für fragwürdige Geldgeschäfte bekannte Schweiz die bessere Patin.

Ich würde für einen Talk mit underperformten Ressortchefinnen und -chefs (Union & SPD) nicht mal ein Salär in Höhe des Deutschlandtickets berappen. Auch wenn die Dame des Hauses Weimer Treffen schonmal mit „Keimzelle der neuen Bundesregierung“ bewirbt, so die „taz“. Daniel Bax lässt wissen, dass bereits eine Art Rückzugsbewegung von Gastgebern und Gästen begonnen habe. Wolfram Weimer habe seine Anteile an der Weimer-Group ausgegliedert, heißt es. Die Gattin auf den Bayerischen Verfassungsorden verzichtet. Und die Regierung des Freistaates eine Compliance-Prüfung zwecks Checkens weiterer Förderung des illustren Tegernsee-Schwoofs auf den Weg gebracht. Dass Umfrage-Abschwung-Kanzler Merz nach Medien-Berichten neben dem Sauerland einen Zweitwohnsitz am Tegernsee unterhält, ist nur dummer Zufall. Vielleicht aber auch ausgeklügeltes Fluchtziel.

Denn der Tegernsee, so das Belém-Trauma des Kanzlers, lässt alles vergessen, was man an Schrecklichem beim Klima-Treffen in Brasilien erleben musste. Am Tegernsee wird nicht mal eine Zigarette auf dem Trottoir ausgetreten. Und in Drogennähe kommt allenfalls das „typisch bayerische weiße Vollbier“ des „Herzoglich Bayerischen Brauhauses“. Nebst anderen Getränken, die das Ehepaar Weimer betuchten Gästen einschänken mag, um diverse Kulturkampf-Fallhöhen zu mildern. Ob Tegernsee, Sauerland oder Berlin, Friedrich Merz dürfte sich wohl auch künftig als sachkundiger und der Völkerverständigung stets verbundener Stadtbildner beweisen. Und immer wieder Frohsinn ausschütten, wenn er aus dem feindlichen Ausland in die gute alte Heimat zurückkehrt. Ich spüre förmlich das Adrenalin, das durch seinen Kopf und Restkörper schießt, wenn er deutschen Boden unter den Füßen hat.

Adrenalin ist nach wie vor auch Stichwort, wenn US-Präsident Trump loslegt. Noch ist nicht klar, was sein wiederholter Vorstoß in Sachen Kriegsende Russland-Ukraine bringt. Er hat jedenfalls wieder mit seinem Autokraten-Kumpel im Kreml kräftig gezockt. Böse Zungen sagen, sein 28 Punkte umfassender Friedensplan, 2. Fassung, sei ihm von Wladimir Putin quasi ins Handy diktiert worden. So was soll ja Schriftkram deutlich erleichtern. Auch dass die Ukraine und die EU nicht einbezogen wurden, ist nichts weiter als eine besondere Form moderner Entbürokratisierung. Einiges ist bekannt, anderes bekannt berüchtigt. Vor allem, dass die USA als zweiter Kriegsgewinnler neben Russland aus dem Deal hervorgehen sollen. Wenn Trump Frieden sagt, meint er stets Beutezug. Dumm, dass Ukraine-Präsident Wolodymyr Selenskyi gerade auch wenig glaubwürdig (Korruptionsaffäre) erscheint.

Ich habe mir am Wochenende den Film „Im Schatten des Orangenbaums“ angeschaut. Der die Geschichte einer palästinensischen Familie von 1948 bis nahe der Gegenwart nachzeichnet. Dabei ist mir noch einmal bewusst geworden, wie Tragödien zu Tragödien führen können. Vom verheerenden, mit nichts zu vergleichenden Holocaust zur Nakba. Und mir ist erneut bewusst geworden, dass Terror nicht nur eine „Spielart“ von palästinensischem Extremismus ist. „Hagana“, „Irgun“ und „Lechi“ – das sind die Namen zionistischer Terror-Organisationen. Die bis in die Zeit der Gründung des Staates Israel hinein mit zweifelhafter Stoßrichtung und Unterstützung aktiv waren. Beklemmend wird in dem Film gezeigt, wie die Vertreibung der Palästinenser aus Jaffa oder Haifa nachwirkt. Bis zum verbrecherischen Töten in Gaza – nach dem verbrecherischen Massaker durch die Hamas.

Womit ich, Sprung, beim Straucheln bislang respektierter Musiker bin. Als da wäre Avishai Cohen. Zum Konzert mit dem wieder grandios spielenden israelischen Bassisten begab ich mich anlässlich der jüdischen Kulturwoche in Berlin, mit Kippa, in die Synagoge in der Rykestraße. Nach dem Schlussakkord wollte meine Begleitung eine erhobene Faust, zudem zwei Finger zum Victory-Zeichen in die Höhe gereckt, gesehen haben. Später las ich, dass Cohen im Juni 2024 auf Einladung der russischen Regierung in Moskau gespielt habe. Netanyahu und sein Donbass-ist. Muss das sein? Und dann: Konstantin Wecker. Dass er wegen eines Nervenleidens Konzerte absagen musste, geht mir nur noch bedingt nah. Er über 60, sie gerade mal 15. Drogen, Alkohol, ein gschamiges Pardon. Klingt wie ’ne Episode aus dem Epstein-Album. „Genug ist nicht genug“…der Song hat für immer einen bittren Beigeschmack.

Unterdessen zerbröselt nicht nur das Bild von Musikern, sondern auch der Wunsch, nach Istanbul zu reisen. Aber welches Hotel? Ich bin mir auf Reisen stets des nicht geringen Risikos bewusst gewesen, mir den Magen zu verderben. Auch Malaria stand auf meinem Gefahrenzettel. Da freilich gibt es seit Langem ja schon die Pille danach. Insofern muss man sich nicht übermäßig ängstigen. Dass aber das Matratzenlager, das man am Bosporus beziehen könnte, eine regelrechte Todesfalle darstellt, ist seit dem jüngsten Ableben von Touristen doch einigermaßen schockierend. Wie wäre es, wenn sich Präsident Erdogan, statt seine politischen Widersacher in Pinochet-Manier kaltzustellen, der Ungezieferbekämpfung widmet? Dann könnte er auch gleich mal einen Blick auf die Bauphilosophie werfen, die besagt, dass schon beim leisesten Beben Häuser wie Hundehütten in sich zusammenfallen.

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