Was immer es mit dem mehr oder weniger rätselhaften Auftritt eines Alexander Eichwald auf sich hatte. Inhalt und Intonation seiner Rede passten zum Gründungskongress der neuen AfD-Jugend in Giessen. Die sich jetzt „Generation Deutschland“ nennt. Und in mancher Hinsicht der alten, aufgelösten „JA“ nicht unähnlich ist. Weswegen man gespannt sein darf, wann auch sie ins verfassungsbedingte Abseits gerät. Die Proteste gegen „Weidels neue Scheitelarmee“ („taz“) sollten ein Zeichen setzen. Auch wenn der Berliner „Tagesspiegel“ wieder mal nichts Eiligeres zu tun weiß, als sie angesichts der Gewalttätigkeiten, die es am Rande gab, in die Schublade „nutzen den Rechtspopulisten“ zu packen. Und zu meinen, dass derlei Protest der AfD helfe, sich erneut als Opfer darzustellen. Dabei sieht sich die Partei zunehmend und immer unverhohlener auf der Täter-Spur. In der Opfer-Haltung begreift sich jedenfalls die neue AfD-Jugend nicht. Sondern eher als frische Triebkraft der erstarkenden Rechten in Deutschland.
Das zeigt beispielsweise die Rede von Kevin Dorow. Den Medien mit den Worten zitieren: „Wie es Björn Höcke vor wenigen Monaten rezitiert hat, Jugend muss durch Jugend geführt werden, und dieses Prinzip muss unser Leitstern sein“. Das Prinzip „Jugend wird durch Jugend geführt“ war Prinzip der so genannten „Bündischen Jugend“ in der Weimarer Zeit und später der Hitlerjugend. Man kann sich ausmalen, wie das aussieht, wenn Dorow anfügt: „Diese Jugendorganisation, liebe Freunde, wird die Speerspitze der jungen Rechten in Deutschland sein“. Der Saal tobt. Nicht weniger Täter-Bewusstsein zeigt auch Mio Trautner, der forderte, „dass die Abschiebungen im Land endlich starten, dass die Startbahnen in Deutschland glühen“. Oder wenn Julia Gehrkens, die in den Vorstand gewählt wurde, predigt: „Nur millionenfache Remigration schützt unsere Frauen und Kinder!“ Oder Helmut Strauf, ebenfalls im Vorstand, ruft: „Wir müssen abschieben, abschieben, abschieben, bis Deutschland wieder Heimat wird.“
Der Gründungskongress der in Hessen aus der Taufe gehobenen AfD-Jugendnachfolgeorganisation, in der nur Mitglied sein kann, wer auch Mitglied der Mutterpartei ist, hat sich ziermlich unverhüllt positioniert. Ihr Vorsitzender Jean-Pascal Hohm, der wie aus dem Ei gepellt daherkommt, sagt der Öffentlichkeit klipp und klar, wofür er mit der „Generation D“ sorgen will: dafür dass „Deutschland die Heimat der Deutschen bleibt“. Das ist nicht rechts in mäßigenden Stil verkleidet. Das ist lupenrein völkisch. Ein „schneidiger Typ“, attestiert ihm denn auch AfD-Chef Tino Chrupalla (Quelle „tagesschau.de“). Hohm ist einer, der nicht nur mit den Chrupallas und Weidels kann. Er kann auch mit Allem und denen, was/die man als das rechtsextremistische Vorfeld bezeichnen könnte. Ein Netzwerk, das sich nicht nur lose um die AfD rankt. Zu ihm gehört etwa der Verleger Götz Kubitschek oder die „Identitäre Bewegung“. Die ihrerseits mit rechten und rechtsextremen Köpfen freundschaftlich verflochten ist.
Wer die Äußerungen, die aus dem Lager der neuen AfD-Jugend kommen, den Zuspruch aus der Mutterpartei und die Verflechtungen in der rechten Szene nimmt, und dann eigene Tuchfühlung verharmlost, der müsste eigentlich in freiheitlich-demokratischer Scham versinken. Nicht so der Verband der Familienunternehmer. Der es für legitim hält, Kontakt zu AfD-Vertretern zu haben (und zu halten). Was heftige Diskussionen ausgelöst hat. Ausnahmsweise folge ich da mal einem“FAZ“-Gedanken: „Diese Debatte gibt es nur, weil die deutsche Öffentlichkeit unentschlossen ist.“ Wenn die AfD immer stärker werde, sei es „erleichternd, wenn jemand sagt, man könne die Sache anders regeln. Durch einen gepflegten Meinungsaustausch unter Demokraten zum Beispiel“. Aber was, wenn es dabei bleibt, dass die AfD als rechtsextremistisch eingestuft wird? „Dann sollte man Extremisten als Extremisten behandeln. Und dazu gehört, nicht so zu tun, als seien sie nur Menschen, die ein bisschen rechter denken als man selbst.“
Wie sich der Verband der Familienunternehmer windet, winden sich auch Medien. Und befördern damit Unentschlossenheit in der Öffentlichkeit. Wenn der „Tagesspiegel“ über die Proteste gegen die AfD-Jugend schreibt: „Manche Demonstrierende, die die AfD aus guten Gründen ablehnen, steigern sich offenbar in die Selbstabsolution hinein, die Bundesrepublik sei auf dem Weg in eine neue Nazi-Diktatur und deshalb werde Widerstand zur Pflicht“. Und Protestierenden vorwerfen, die „Nazi-Keule“ zu schwingen. Dann sollte man aufhorchen. Die Keulen-Allegorie hat zum Einen, Achtung vor leichtfertiger Geschichtsvergessenheit!, einen richtig schlechten Beigeschmack. Abgesehen davon wäre es allerdings nicht schlecht, wenn mediale Beschwichtiger ernster nähmen, was das rechte Lager verbreitet. Der „FAZ“-Autor weist darauf hin, dass es angesichts der Ballung fremdenfeindlicher (oder umgekehrt deutschtümelnder) Parolen nicht zuletzt um so etwas wie „die Menschenwürde“ geht.
Dass nur „manche Demonstrierenden“ die AfD „aus guten Gründen“ ablehnen und deshalb Widerstand anmahnen, ist ein durchsichtiger „Trick“, um von „Selbstabsolution“ und falscher „Widerstandspflicht“ schreiben zu können. Und um das Narrativ zu bedienen, wonach man mit allen reden und alle bei ihren kruden rechten Gedanken abholen müsse. Nach dem Motto, zumindest noch sei ja alles nicht so schlimm. Als würde die AfD nicht durch unsere Verfassungsorgane als rechtsextremistisch eingestuft werden, sondern allein durch Nazi-Keulen schwingende linke Gewalttäter. Es wird Zeit, auch angesichts der Reden auf dem Kongress der „Generation Deutschland“ die Rechten, ob jung oder alt, als das ernst zu nehmen, was sie sind: Die Erben einer Zeit, die Demokraten im Land nicht wieder haben wollen. In welcher Art und Abart auch immer. Der irritierende und mag sein persiflierende Giessener Auftritt von Alexander Eichwald mit seinem auffallend rollenden „R“ sollte einem im Halse stecken bleiben.

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