by

Armer Weißer Mann

Dass die administrative Polit-Klicke der USA ein Rad ab hat, ist ja nahezu schon Allgemeingut. Nur ein paar Rechte erbauen sich am Wahnsinn a la Donald Trump. Aber das wundert nicht. Ist es doch das Kalkül transatlantischer antidemokratischer Eintracht, das sie zu reger Reisetätigkeit über den großen Teich ins Reich des großen Vorsitzenden im Weißen Haus anhält. In diesem Reich scharren seit Amtsbeginn des US-Präsidenten Mitglieder seiner Entourage mit den Füßen, eines Tages ins bis dahin möglicherweise komplett zum goldenen Tempel der Autokratie umgebaute Donald-Domizil einrücken zu können. Vorneweg sein Vize J.D. Vance. Dessen rechtsextremes Netzwerken bis nach Europa immer mehr Spuren ins braune Erdreich treibt. Man hat sich nicht mehr vorstellen können, dass der kultureller Ausverkauf, der seit Trumps zweiter Herrschaftsübernahme Markenzeichen ist, noch getoppt werden kann. Aber sein Vize ist ehrgeizig. Und hat jetzt noch eine Irrsinns-Idee kolportiert.

Er teilte ein Video im Internet-All. Danach sollen künftig „weiße Männer“ (Zitat n-tv) Schadenersatz verlangen können. Etwa wenn „ein weißer Mann…am Arbeitsplatz aufgrund seiner Rasse oder seines Geschlechts diskriminiert wurde“. So stellt es im Bewegt-Bild-Dokument die mit Trumps Segen ins Amt gehievte Gleichstellungsbeauftragte Andrea Lucas in Aussicht. Lucas steht der US-Kommission für Gleichstellung am Arbeitsplatz, kurz EEOC, vor. Die Kommission wurde Anfang der 1960er Jahre im Zuge der Bürgerrechtsbewegung in den Vereinigten Staaten gegründet. Und sollte der schwarzen Bevölkerung Schutz vor laufender Diskriminierung bieten. Trump hatte bereits dem „Programm für Diversität, Gleichstellung und Inklusion“ (DEI) den Kampf angesagt. Parole: „Woker Wahnsinn“ (Zitat n-tv). Sein Narrativ, dass in Südafrika eigentlich die Weißen die Unterdrückten sind, war und ist ein Hinweis darauf, dass sich andere nichts weniger als angespornt fühlen müssen, den Unsinn weiter zu treiben.

Das ist mit dem Lucas-Vorstoß geschehen. Dass Vance nichts Eiligeres zu tun hatte, als bei seinem Boss Trump, vor allem aber auch bei „weißen Männern“ in den USA Eindruck zu schinden, macht seine ungezügelten, immer offensichtlicheren Ambitionen aufs Präsidentenamt deutlich. Es wird ja wieder und wieder allerlei zum Gesundheitszustand Trumps gemunkelt. Und ganz heimlich, so könnte man denken, finden Mensch wie Vance Gefallen daran, sich vorzustellen, wie schnell sie doch plötzlich ins Weiße Haus einziehen könnten. Dass dafür umso mehr Chancen bestehen, je mehr man es dem politischen Wahnsinn des potenziellen Vorgängers nachtut, dessen Nachfolger man werden will, ist in den USA nicht ausgeschlossen. Wie Trump, sieht auch Vance in DEI ein „Diskriminierungsprogramm, das sich in erster Linie gegen weiße Männer richtet“. Einen auftragslosen Drehbuchschreiber in Hollywood, so n-tv, habe Vance als Kronzeugen dafür angeführt.

Es gibt mannigfache Statistiken und Studien, auf die Medien hinweisen. Die das Gegenteil von Diskriminierung „weißer Männer“ besagen. Im Gegenteil: Noch immer haben Schwarze das Nachsehen. Aber nicht nur sie. Auch Frauen. Die vermutlich Opfer eines Vance-Rankings bleiben, sollte Vance daran denken, den Vorstoß der Gleichstellungsbeauftragten Lucas entweder noch als Vize oder vielleicht später als Trump-Nachfolger umzusetzen. Es ist der „weiße Mann“, der seit jeher in den Vereinigten Staaten von Amerika elendigem Rassismus und/oder fieser Geschlechterdiskriminierung ausgesetzt ist, lautet das Credo, das hier zum zigsten Mal in Umlauf gesetzt wird. Und jetzt in juristische Bahnen fließen soll, um endlich Gerechtigkeit zu schaffen. Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten wird Tag für Tag ein großes Bisschen mehr entgrenzt. Und stellt die Welt auf den Kopf. Kann sein, dass man, wenn sich Trump und Vance demnächst irgendwo zuschalten, man zuerst deren Beine sieht.

Hinterlasse einen Kommentar