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Kein Frieden Nirgends

Ich sehe förmlich, wie sich Russlands mächtiger Diktator, Wladimir Putin, dieser Tage auf die Schenkel klopft. Blini mit Kaviar auffahren lässt. Und einen Wodka nach dem anderen runterkippt. Ein Blick gen Westen genügt ihm, um sich entspannt und voller Häme zurückzulehnen. US-Präsident Trump. Bundeskanzler Merz. Die EU. Ein Panoptikum von Papiertigern. Der Eine, in den USA, ruft alle zwei Tage einen kurz bevorstehenden Friedensschluss zwischen Moskau und Kiew aus. Der Andere sorgt dafür, dass mangels zeitnahem Zugriff auf russisches Vermögen, das in Belgien lagert, weitere zig Milliarden in die Ukraine fließen, auf Pump. Man könnte später auf genanntes Vermögen zurückkommen. Wiewohl man weiß, dass die Angst in Brüssel, man werde eines Tages einsam dafür von Moskau in rechtliche Pflicht genommen, damit nicht aus der Welt geschafft ist. Macht nix. Wiedervorlage. Und die EU? Nun, sie muss zuschauen, wie ihre Zuversicht im kalten Winter Osteuropas jäh gefriert.

Ich weiß nicht, wie n-tv auf die Idee kommt, einen Beitrag mit der Überschrift „Merz mausert sich zu Putins mächtigstem Gegenspieler“ zu versehen. Und vom großen „Paroli“ des deutschen Bundeskanzlers zu fantasieren. Wo doch im Teaser zu lesen ist, dass „Russlands Kriegslust…kaum noch auf nennenswerten Widerstand, schon gar nicht in Washington, Peking oder Neu-Delhi“ treffe. Aber in Berlin? Was Trump, dem Glücklosen, nicht gelang, soll mit einem bellizistischen Weiterso aufgewogen werden. Der Kommentar bei n-tv sieht darin „eine gute Nachricht“, so „pervers“ die Fortsetzung des Kriegs östlich der EU-Außengrenzen auch sei. Die Zeiten seien „nun mal so“. Nur wenige Zeilen später steht die ganze Merz’sche Ausbeute beschrieben: Der Mann habe sein ganzes politisches Gewicht in die Waagschale geworfen, „damit das Jahr nicht in einer kompletten Niederlage der Ukraine und mithin Europas“ ende. Das war’s denn aber auch schon. Das ist, Kompliment, ganz großes Kino!

Was n-tv als grandiosen Merz-Zauber, zumindest aber doch als vielzubeachtendes Durchhaltemanöver verkauft, klingt bei der FAZ ganz anders. Dort heißt es, der Kanzler habe „das Ringen um das Reparationsdarlehen“, also dem Zugriff auf Geld aus dem russischen Vermögen, das in der EU schlummert, „verloren“. Weil sich Belgien, aber auch Ungarn – welche Wunder bei all der grotesken Putin-Nähe – und andere quer stellten. Nun sollen also Kredite für die Ukraine-Unterstützung auf Europas Märkten aufgenommen werden. „Das war das Gegenteil von dem, was Bundeskanzler Friedrich Merz und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen angestrebt hatten“, so die FAZ. Man hätte nur mal in die Gesichter blicken müssen, „um zu erkennen, wer der große Verlierer der Nacht“ gewesen sei. In der sich die Träume von der Konfiszierung russischen Geldes zerschlugen. Merz habe man, sinngemäß, regelrecht angesehen, wie angestrengt er die politische Pleite „schönzureden“ versuchte.

Dass man quasi nur den Lauf der Dinge umgekehrt habe, in dem man nicht erst das russische Vermögen angetastet habe, um dann der Ukraine unter die Arme zu greifen; sondern erst der Ukraine unter die Arme greife, um sich anschließend bei den russischen Konten zu bedienen, gehört vorläufig ins Reiche Merz’scher Märchen. Und so stand denn, wie die FAZ schreibt, Merz mit seiner Sichtweise „allein auf weiter Flur“. Denn Merz hatte für das, was er da von sich gab, mitnichten Prokura. Was also aus den Milliarden-Schulden wird, die die EU wegen der Ukraine macht, ist mehr als fraglich. Man behalte sich das Recht vor, russisches Vermögen irgendwann mal später zum Schuldenausgleich anzutasten. Mehr aber auch nicht. So verpufft der Zauber, den Kommentare bei n-tv Merz zusprechen, elendig. Da können dem Kanzler wohlgesonnene Medien noch so sehr palavern. Für sie gilt der allseits bekannte Spruch: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Ein dünner Ast, an dem man sich da festhält.

Im „Freitag“ kommt Lutz Herden, nicht ohne süffisanten Unterton, zu dem Schluss, dass das Drama der EU wieder mal vor Augen geführt habe, dass sie die USA im Ukraine-Konflikt „weder ersetzen, geschweige übertreffen kann“. So sei es absehbar gewesen, wie schwach die Idee gewesen sei, sich russischer Gelder zu versichern. Offenbar sei dadurch nur geworden, „wie eng doch die finanziellen Spielräume geworden sind“. Man könne sich den Krieg in Wahrheit nicht mehr leisten. Fürchte aber, zugeben zu müssen, wie überfordert man mit Allem sei. Bis hierhin kann man Lutz Herden folgen. Nicht nur unterschwellig macht er freilich US-Präsident Trump weiterhin als EU-Gegengewicht aus, dem es darum gehe, einen Friedensschluss zwischen Moskau und Kiew zu erzielen. Und sei es mit Druck. Unerwähnt bleibt immer wieder, wie Trump mit Friedensabsichten über Geschäftsinteressen hinwegtäuscht. Auf den Trichter ist längst auch Putin gekommen und hält Trump hin. Wer, so die Frage, ist Herr, wer Hund?

Es wird nach wie vor und von allen Seiten mit einer Fülle von Halbheiten versucht, sich wahlweise die Friedens- oder die Kriegsabsichten so hinzubiegen, dass es danach aussieht, als wäre dies mehr als politisches Herumgewürge. Weder die USA in Person ihres Präsidenten, noch die Europäer, die in immer neu gewichteten Rollen spielen, sind in der Lage auf diplomatischem oder militärischem Parkett etwas anzubieten, das nur ansatzweise zu gütlicher Lösung führen könnte. Putin seinerseits spielt das Spiel dauernd neuer Forderungen und Schwenks, die nicht so ausschauen, als würde er sich nach nichts mehr sehnen als Frieden. Außer die Ukraine wird gänzlich untertan gemacht. Direkt oder über Bande. Die Ukraine selbst gerät darüber auch kein Stück weiter, nicht mal irgendwie. Zumal innenpolitisch Dank Korruption im Umfeld von Präsident Selenskyi auch alles eher drunter und drüber geht. Wer da investiert, muss wissen, dass er Milliarden in ein Fass füllt, das derzeit ohne festen Boden ist.

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