Gestern noch gab ich zum Auftakt einer Geschichte über die „Bananenstadt“ Berlin ein Beispiel aus der Abgeordnetenhaus-Hierarchie zum Besten (?). Sprich: ich schob kurz den Vorhang für übliches (bislang aber noch nur vermutetes) Postengeschacher auf höherer Parlamentsebene der Hauptstadt beiseite. Heute nun widme ich mich einer weiteren Facette politischen Handelns in der (von vielen als solche nicht gesehenen) Metropole, die synonym für das steht, was man ein Politstadl nennen könnte. Und in die wieder die Partei des Regierenden Bürgermeister Kai Wegner verwickelt ist. Das ist, wenn ich nicht irre, die CDU. Hier das von Verkehrssenatorin Ute Bonde geführte Ressort. Die an diesem vorweihnachtlichen Tag symbolhaft steht für eine Politik, die nicht nur auf Versagen gründet. Sondern vermutlich auf einer guten Portion Lüge, die dann greift, wenn nichts mehr hilft.
Es geht um ein veritables Chaos, das sich mit dem Ausbau der A100 (einer nicht ganz unwichtigen Verkehrsader) entwickelt hat. Und das den Stadtteil Treptow auf ziemlich unangenehme Weise in Mitleidenschaft zieht. Dort nämlich, im Zusammenhang mit dem 16. Bauabschnitt der A100 – sprich die Anschlussstelle Treptow betreffend – resp seiner Eröffnung wird gewahr, wie es um das Haus von Frau Bonde bestellt ist. Sie hatte, so ging die beruhigend erscheinende Kunde, mit Blick auf mögliche Anschlussstellen-Eröffnungs-Folgen diese simulieren, also ergründen lassen, was das mit dem Stadtteil macht. Nicht viel? Nun stellt sich nach einem Bericht des „Tagesspiegel“ heraus, dass die Simulation nur simuliert war. Die Simulation, von der Ute Bonde, vermeintliche Kompetenz vortäuschend, sprach, habe es, so ließ die Autobahn GmbH laut „Tagesspiegel“ wissen, nie gegeben.
Mit jeder neuen Nummer, die Ute Bonde in die Berliner Welt setze, werde, so eine Grünen-Verkehrsexpertin, die Senatorin „mehr und mehr zur Belastung für den Regierenden Bürgermeister“. Nun hat Bonde nicht nur das A100-Dilemma an der Backe, sondern auch noch andere Baustellen zu verantworten. Frau Bonde nämlich will „auf einer Hauptverkehrsstraße (in Steglitz, d. Autor), die auch Schulweg ist“ („Tagesspiegel“), statt des bisherigen Tempo 30 wieder Tempo 50 einführen. Allerdings scheint die Zahlenbasis, auf die sich derlei Pläne stützen, doch, wie die o.g. Simulation, einigermaßen ausgedacht oder ausgelogen. Sprich: Die Zahl der Schüler*innen, die sich auf dem Weg zur Schule über Kreuzungen bewegen müssen, soll, durch, ich sage mal: Trickserei, mitsamt der Zahl der im Bereich der Hauptstraße befindlichen Schulen wundersam nach unten gerechnet worden sein.
Das alles ist, angesichts anderer Themen, die hier im Blog behandelt werden, mag sein, hauptstädtische Marginalie. Es steht freilich dafür, wie es allgemein um „Vertrauen und Verständnis“ bestellt ist. Beide Begriffe sind in dem „Tagesspiegel“-Beitrag über den Tempo-50-Vorstoß zu finden. Sie ließen sich freilich auch auf andere Politikbereiche anwenden, die unter der Ägide des Regierenden BMs Kai Wegner von sich reden machen. Da gibt es etwa noch allerlei Irrungen und Wirrungen in Sachen Förderpolitik, in die CDU-Menschen verwickelt zu sein scheinen (von einer „Affäre“ ist beim „Tagesspiegel“ die Rede). Und etliche andere Baustellen, die nicht gerade von sinnhafter Politik, vielleicht sogar mit einer Art politischem Feingefühl angereichert, zeugen. Die Grünen: Wegner „muss sich die Frage stellen, wie lange er diesem Schreckensspiel noch tatenlos zusehen“ wolle.
Mir scheint die Frage berechtigt, ob Wegner überhaupt der richtige Mann ist, die Hauptstadt zu lenken. Es vergeht kein Tag, an dem nicht irgendeine Ungereimtheit ans Tageslicht gespült wird. Etliches hängt, behauptet, damit zusammen, dass Geld fehlt. Oder zu fehlen scheint. Denn immer wieder darf nachgedacht werden, ob das vermeintlich zu wenige Geld denn wenigstens zum Vorteil der Bürger*innen verteilt wird. Dass es vor allem in sozialen Bereichen hapert, lässt berechtigte Zweifel daran aufkommen. Zumal, wenn parallel erwogen wird, die Olympischen Spiele 2036 nach Berlin zu holen. Neben der Expo 2035. Das bringe Geld, so das Dafür. Das koste aber auch, so das Dagegen. Abgesehen vom Danach. Was passiert mit den Spielstätten? Oft liegen sie brach. Eine Umfrage bei Berliner*innen (vom Insitut Civey) erbrachte: Die Mehrheit ist nicht erbaut.
Das Jahr 2036 wäre das Hunderste nach den Nazi-Spielen von 1936. Der „Spiegel“-Kolumnist Nikolaus Blome ließ zum Thema Olympische Spiele in Deutschlands Hauptstadt wissen: „Einmal groß denken, bitte….“. So im Teaser. „Wir“, damit mochte er vermutlich alle umarmen, also so richtig das ganze Land, sollten „keine Angst haben vor uns selbst“. Derlei Mutmache mag den Ohren von Rechtspopulisten schmeicheln. Anderen läuft da eher ein kalter Schauer über den Rücken. Wieder andere könnten meinen, 2036, das könnte ein Jahr sein, in dem man dann ja darüber reflektieren könnte, wie schlimm sich der Sport vor den Karren der Politik spannen lässt, schlimmstenfalls der Politik Rechter. Man stelle sich nur mal vor, die AfD wäre 2036 Teil der Bundesregierung oder würde den Vize-BM von Berlin stellen. Soweit ist es nicht? Noch nicht, sollte es wohl bis auf Weiteres heißen.
Ich sehe nicht, dass Verfassungsorgane sich endlich dazu durchringen können, ein Verbotsverfahren anzustrengen. Unterdessen wächst in ostdeutschen Ländern der Zuspruch für Weidel&Co. Und auch im Westen der Republik sieht es nicht danach aus, als würde die AfD verdientermaßen abschmieren. Solange das so ist. Solange die sozialen Belange missachtet und die politische Kultur, insbesondere von CDUlern, dermaßen strapaziert wird. Solange hochfliegende Pläne geschmiedet, aber die einfachsten Dinge nicht zufriedenstellend geregelt werden. Solange der Unmut der Bürger*innen auf gefährliche Weise gefüttert wird. Solange sollte man sich mit olympischen Dimensionen zurückhalten. Als Zeichen der Hoffnung könnten ja Politiker*innen wie Bonde oder Wegner ihre Sessel räumen. Und andere versuchen, es besser zu machen. Damit meine ich NICHT die AfD.
PS: Stunden nach dem ersten „Tagesspiegel“-Beitrag zu Ute Bonde und angeblich erfundener Simulation zu möglichen Folgen des A100-Anschlusses Treptow hat die Autobahn GmbH ihre Angaben korrigiert. Es habe doch eine Simulation gegeben, neun Monate vor Eröffnung des erwähnten Bauabschnitts. Die Grünen fragen sich, warum nun plötzlich ein Simulationspapier an die Öffentlichkeit gelangt, das – wie es hießt .- selbst Parlamentariern vorbehalten bleiben sollte. Sieht aus meiner Sicht nach einer eiligen Rettungsaktion für die Verkehrssenatorin aus. Über den Inhalt des Papiers freilich erstmal keine aufschlussreichen Angaben. Laut Grünen kommt es zu dem Ergebnis, dass es ein „maximales Chaos“ geben würde, für den Kfz- wie für dem Öffentlichen Nahverkehr. Sie unterstellen, dass hier eine ebenfalls nicht Chaos-freie „Verschleierungstaktik“ geübt worden sei.

Hinterlasse einen Kommentar